USA:Wimpernklimpern

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„Make America Horny Again“, lautet der mäßig originelle Titel ihrer Show, bei der es laut Veranstalter weniger um Trump als um eine Choreografie gehen soll. (Foto: Ethan Miller/AFP)

Der Pornostar "Stormy Daniels" soll eine Affäre mit Donald Trump gehabt haben - und vermarktet das nun geschickt. Am Sonntag äußerte sich sogar die Sprecherin der First Lady zu den Gerüchten, die in den USA seit Wochen kursieren.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Diese Geschichte über Melania und Donald Trump muss in Las Vegas beginnen, obwohl sich der US-Präsident in der vergangenen Woche beim Weltwirtschaftsforum in der Schweiz aufhielt - und seine Ehefrau kurzfristig auf diese wichtige Reise verzichtet hatte. Melania Trump besuchte am Wochenende das Holocaust Memorial Museum in Washington und flog dann nach Florida ins Trumpsche Ressort Mar-a-Lago. Warum also Las Vegas? Weil dort derzeit die AVN Adult Entertainment Expo stattfindet, das jährliche Treffen der Pornobranche, und weil am Freitagabend Stormy Daniels im Stripclub "Little Darlings" auftrat, weithin sichtbar angekündigt von grell leuchtender Reklame.

Stormy Daniels, das ist der Künstlername von Stephanie Clifford - jener Frau, mit der Donald Trump im Sommer 2006 eine Affäre begonnen und die kurz vor der Präsidentschaftswahl von Trumps Anwalt Michael Cohen 130 000 Dollar für ihr Schweigen bekommen haben soll, wie das Wall Street Journal vor zwei Wochen enthüllte. Zu einem sehr günstigen Zeitpunkt. Zumindest für Stormy Daniels.

Denn deren Auftritt in Las Vegas ist Teil einer Tournee mit dem gar nicht mal so originellen Namen "Make America Horny Again", lasst uns Amerika wieder geil machen. "Sie ist der angesagteste Pornostar derzeit, das ist größer als alles, was ich bisher erlebt habe", tönt ihr Manager Danny Capozzi am Telefon. Für ihre Anwesenheit im "Little Darlings" bekam sie 75 000 Dollar, ihre Tournee durch die USA ist bis Juni ausgebucht, am Dienstag wird sie in der Late-Night-Show von Jimmy Kimmel zu sehen sein - wenige Stunden nach der Rede des Präsidenten zur Lage der Nation. "Ich habe viele Fragen", bewirbt Kimmel auf Twitter die Sendung.

Stephanie Clifford, 38, ist derzeit häufig zu sehen, doch kaum zu hören; es heißt, dass sie öffentlich nur mit Leuten spricht, die sie dafür bezahlen. In einem Exklusiv-Interview mit der Klatschsendung "Inside Edition" am Freitag wurde sie direkt gefragt, ob sie denn mit Donald Trump geschlafen habe. Ihre Reaktion: Schweigen, Lächeln, Wimpernklimpern.

"Ich glaube nicht, dass sie bei ihren Auftritten allzu viel über Trump sprechen wird", sagt Capozzi: "Sie hat eigens für sie angefertigte Kostüme und eine eigene Choreografie." Wer also sehen möchte, was womöglich auch der Präsident der Vereinigten Staaten gesehen hat (die Shows werben mit eben diesem Versprechen sowie mit dem auch nicht gerade originellen Lockruf: "So gut, dass nicht mal der Präsident Nein sagen konnte"), der könnte seine Freude haben an diesen Auftritten. Wer sich von Clifford Antworten erhofft auf die möglicherweise politisch relevanten Fragen, ob da etwa Wahlkampf-Gelder veruntreut worden sind, der wird vertröstet auf das Interview mit Kimmel und dürfte erst einmal enttäuscht sein.

Aber, und diese Frage stellte die Satiresendung "Saturday Night Live" bereits am vergangenen Wochenende: Ist das überhaupt noch von Bedeutung? Es gibt einen US-Präsidenten, der sich damit gebrüstet hat, dass er Frauen an die Vagina fasst. Der dem Showmaster Howard Stern erlaubt hat, seine Tochter Ivanka als "Piece of ass" zu bezeichnen. Der sich in einer von Sterns Sendungen dafür feiert, als Veranstalter von Misswahlen in die Umkleidekabine zu dürfen. Ist es da noch wichtig, dass er vier Monate nach der Geburt seines Sohnes Barron eine Affäre mit einer Porno-Darstellerin angefangen haben soll? Dass sie für ihr Schweigen möglicherweise mit Geld aus dem Wahlkampf-Etat bezahlt worden ist? Tony Perkins, eine der bedeutendsten Personen der evangelikalen Bewegung, erklärte bei CNN bereits, dass all das zehn Jahre her sei, dass Vergebung ein wichtiger Wert für die ultrakonservativen Christen sei und Trump deshalb eine zweite Chance bekommen würde.

Das alles sei "anzüglich und völlig falsch", teilte die Sprecherin von Melania Trump mit

Es wird in den USA seit Monaten über die Trump-Ehe spekuliert und dabei jede Auffälligkeit als Indiz gewertet: Melanias genervter Blick bei der Amtseinführung, das Wegschlagen der Hand beim Besuch in Israel oder die Berichte über getrennte Schlafzimmer im Weißen Haus. Dass sie als First Lady gegen Beleidigungen im Internet kämpfen wolle, sei eine Botschaft an den Twitterer-in-Chief. Zum Jahrestag der Präsidentschaft veröffentlichte Melania kein Foto von sich mit Ehemann, sondern eines, auf dem sie mit einem Soldaten zu sehen ist. Nun also der Verzicht auf die Reise nach Davos, weswegen selbst die New York Times auf ihrer Meinungsseite über die kruden Momente dieser Ehe berichtete.

Melania Trump verhält sich derzeit außerordentlich still. Ihre Sprecherin Stephanie Grisham nannte die Berichte am Wochenende via Twitter "anzüglich und völlig falsch", sie konzentriere sich "auf ihre Familie und ihre Rolle als First Lady und nicht auf die unrealistischen Szenarien, mit denen die Fake News täglich hausieren gehen". Ihren Verzicht auf die Reise nach Davos sowie den Flug nach Florida nahmen Beobachter verblüfft zur Kenntnis. 28 Stunden später allerdings flog sie bereits zurück nach Washington - dort traf auch Ehemann Donald ein und sprach über seine "sehr, sehr erfolgreiche Reise" zum Weltwirtschaftsforum.

Wenig später dann trat Stormy Daniels in Las Vegas auf. "Niemand hat mich jemals zwei Mal angesehen", sagt sie bei "Inside Edition": "Nun schaut die ganze Welt auf mich." Es war, glaubt man den Besuchern ihrer Show, kein sonderlich bemerkenswerter Auftritt. Zu sehen waren die blanken Brüste einer Frau, die womöglich mit dem Präsidenten der Vereinigten Staaten geschlafen hat, als der noch TV-Clown gewesen ist. Und die nun versucht, über die unerwartete Prominenz möglichst viel Geld zu verdienen.

© SZ vom 29.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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