USA:Tür zu!

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Draußen heiß, drinnen kühl: New Yorkerin vor einem Laden. (Foto: Atisha Paulson/Bloomberg)

In New York lassen viele Läden ihre Türen offen, damit die kühle Luft der Klimaanlagen schwitzende Passanten nach drinnen lockt. Nun entschied die Stadtverwaltung: Das ist künftig verboten.

Von Hubert Wetzel

Der Mensch hat etliche Dinge erfunden im Lauf seiner Geschichte, manche nützlicher als die anderen: das Rad, die Kaffeemaschine, Lego-Star-Wars-Figuren. Eine Erfindung, die die Zivilisation zweifellos einen großen Schritt vorangebracht hat, war die der Klimaanlage. Die Geräte, deren Zweck nach einer gängigen Definition die "Erzeugung und Aufrechterhaltung einer angenehmen oder benötigten Raumluft-Qualität unabhängig von Wetter, Abwärme und menschlichen und technischen Emissionen" ist, gibt es seit gut hundert Jahren.

Das Stichwort freilich ist "Raumluft", womit das Thema genannt wäre. Denn in New York, Welthauptstadt der schnaufenden, winselnden Klimaanlagen, hat sich die Gewohnheit ausgebreitet, nicht nur Innenräume im Sommer per Klimaanlage auf polare Temperaturen herabzukühlen, sondern das Gleiche auch mit dem vor dem Eingang gelegenen Straßenraum zu versuchen. Indem sie die Türen einfach sperrangelweit offen stehen lassen, wollen Restaurant- und Geschäftsbesitzer Kunden anlocken. Die Logik: Wer sich draußen durch die wabernde Hitze schleppt, weiß es vielleicht zu schätzen, wenn ihn ein kühler - gelegentlich auch eisiger - Hauch aus einem Gebäude trifft. Er verweilt vor dem Schaufenster und tritt vielleicht sogar ein, um Geld auszugeben. Und weil New Yorker geschäftstüchtige Menschen sind, kann man durchaus annehmen, dass jeder Dollar, der für die höhere Stromrechnung draufgeht, durch einen höheren Umsatz wieder reinkommt.

Die Stadtregierung hat die umweltfeindliche Praxis nun allerdings verboten. Seit diesem Sommer müssen Geschäfte, die ihre Türen bei laufender Klimaanlage offen stehen lassen, mit einer Strafe von 250 Dollar rechnen. So will es ein Gesetz, das bereits vor einigen Monaten verabschiedet wurde, aber erst jetzt richtig greift. Man muss diese Summe zweimal lesen, um zu erkennen, dass die Sache wahrscheinlich gut gemeint ist, aber nicht ernsthaft dazu gedacht sein kann, irgendjemandes Verhalten zu ändern.

Zwar ist unzweifelhaft, dass Klimaanlagen Energie verschwenden. Und es ist auch keine Neuigkeit, dass in den USA der Betrieb der Geräte oft jedes vernünftige Maß überschreitet. Ob die zwangsweise Schließung offen stehender Restaurant- oder Ladentüren das Problem wirklich löst, sei aber dahingestellt. Der Nachrichtenagentur AP zufolge hat die New Yorker Stadtverwaltung ausgerechnet, dass 10 000 geöffnete Türen den gleichen Kohlendioxid-Ausstoß haben wie 3600 Autos. Verglichen damit, dass ein großer Teil des Südens und Südwestens der USA überhaupt nur deshalb für den modernen Menschen bewohnbar ist, weil es Klimaanlagen gibt, sind die in New York zu erwartenden Einspareffekte doch eher gering.

Empörung und Spott hat die Regelung schon jede Menge ausgelöst. Ein Kommentator witzelte, dass Bürgermeister Bill de Blasio nun wie ein mahnender Papa herumlaufe, der immer wieder sagt: Kinder, macht die Tür zu! Andere Bürger fragen sich, was ihnen die Regierung noch alles vorschreiben will. New Yorker sind da empfindlich.

© SZ vom 16.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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