USA:Das Gift wird schlecht

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Der US-Bundesstaat Arkansas will acht Menschen in zehn Tagen hinrichten - weil das Gift demnächst abläuft.

Von Kathrin Werner, New York

Der US-Bundesstaat Arkansas hat seit mehr als elf Jahren die Todesstrafe nicht mehr vollstreckt, aber jetzt sollen binnen zehn Tagen acht Männer hingerichtet werden. Der Grund für die Eile ist banal, aber auch unglaublich: Das Haltbarkeitsdatum des Spritzengifts läuft ab.

Der Gouverneur von Arkansas, Asa Hutchinson, bedauerte die zeitliche Häufung, aber nicht die Hinrichtungen an sich. "Mir wäre es lieber, sie über mehrere Monate oder Jahre zu verteilen, aber das sind nun einmal nicht die Umstände, in denen ich stecke", sagte er. "Und die Familien der Opfer, die schon seit Jahren leiden, verdienen einen Abschluss." Menschenrechtler fürchten, dass in der Hektik Fehler passieren und die Todeskandidaten leiden.

Arkansas steht mit diesem seltsamen Problem allerdings nicht allein da: Allen 31 US-Staaten, in denen die Todesstrafe noch legal ist, geht das Gift aus. Im April läuft die Haltbarkeit des Vorrats des Präparats Midazolam in Arkansas ab, eines der drei Mittel in dem Giftcocktail. Die acht Exekutionen sollen deshalb Ende April stattfinden. "Es ist unklar, ob ein anderes Mittel erworben werden kann", sagte Hutchinson. Denn viele Pharmakonzerne wollen nicht mehr, dass mit ihren Mitteln getötet wird. Mehr als 20 amerikanische und europäische Pharmakonzerne weigern sich, die Substanzen für die Giftocktails in den USA zu liefern, die EU hatte 2011 ein Exportverbot verhängt. Laut der Menschenrechtsorganisation Reprieve blockieren alle Hersteller, deren Mittel von der Gesundheitsbehörde als Todessubstanz zugelassen sind, den Verkauf zu diesem Zweck.

Einige Bundesstaaten greifen auf eindeutig illegale Vertriebskanäle zurück

Midazolam, das nun in Arkansas abläuft, ist besonders umstritten. 2014 kämpfte der verurteilte Mörder Clayton Lockett nach einer Spritze mit dem Präparat 43 Minuten mit dem Tod, bis er an einem Herzinfarkt starb.

Seit dem Verkaufsstopp der Pharmabranche haben die Behörden immer mehr Hinrichtungen verschoben. Auch Arkansas hatte die Hinrichtungen der 34 Todeskandidaten des Bundesstaats ausgesetzt, weil es Klagen und Probleme mit dem Gift-Nachschub gab. Einige Staaten greifen wieder auf alte Methoden zurück: den elektrischen Stuhl, das Schießkommando, die Gaskammer. Andere testen alternative Präparate für die Giftspritze, die nicht so schnell wirken oder zu Symptomen führten wie dem Gefühl, lebendig zu verbrennen. Oklahoma verwendete ein Gift, mit dem sonst Tiere eingeschläfert werden.

Inzwischen versuchen fast alle Bundesstaaten geheim zu halten, wie sie an ihr Gift gelangt sind. Stammt es aus dem Ausland, von einer illegalen Apotheke oder ist es vielleicht schon Jahre alt und das Haltbarkeitsdatum abgelaufen? Einige Bundesstaaten greifen auf rechtlich fragwürdige oder sogar eindeutig illegale Vertriebskanäle zurück. Texas zum Beispiel hat geheime Apotheken, die die Arzneimittelzulassung umgehen können und ihre Substanzen an andere Bundesstaaten weiterverkaufen. Im Jahr 2011 beschlagnahmte die FDA die Gift-Reserven des Bundesstaates Georgia, der die Substanz in einer Londoner Apotheke gekauft hatte, die ihr Geschäft im Büro einer Fahrschule betrieb. Es gab mehrere Klagen gegen die Geheimhaltungsgesetze, auch in Arkansas.

Die Zahl der Exekutionen in den USA sinkt seit Jahren, im vergangenen Jahr waren es 20. Derzeit warten aber noch fast 3000 Menschen in amerikanischen Gefängnissen auf die Hinrichtung, die durchschnittliche Wartezeit auf der "Death Row" beträgt 16 Jahre. Die acht Männer, die Arkansas nun exekutieren will, vier von ihnen sind weiß und vier schwarz, haben ihre Verbrechen zwischen 1989 und 1999 begangen.

© SZ vom 06.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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