Tornados in Deutschland:Gibt es mehr heftige Stürme?

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Massive Unwetter scheinen Deutschland immer häufiger heimzusuchen. Ein Tornado-Experte verrät, ob der Eindruck stimmt.

Von Tarek J. Schakib-Ekbatan

Ein Unwetter über Brandenburg im Mai dieses Jahres. (Foto: dpa)

Heftige Sturmwinde haben in den vergangenen Tagen punktuell große Schäden angerichtet. Besonders betroffen waren Framersheim in Rheinland-Pfalz und der Ferienort Bad Sachsa in Niedersachsen, wo Fallböen Schneisen der Verwüstung hinterließen. Die Bilder ähneln jenen, die im Mai im Großraum Augsburg entstanden waren, nachdem ein Tornado ganze Straßenzüge zerstört hatte, wenige Wochen zuvor hatte ein Tornado in Mecklenburg-Vorpommern große Schäden angerichtet.

Häufen sich solche Ereignisse? Ein Gespräch mit Andreas Friedrich, dem Tornado-Beauftragten des Deutschen Wetterdienstes.

SZ: Ist es gefährlicher geworden, in Deutschland zu leben?

Andreas Friedrich: Das würde ich nicht sagen. Wenn wir uns die Tornadostatistik seit 2000 ansehen, dann haben wir in Deutschland 19 bis 61 Fälle pro Jahr. 19 in 2001 und 61 Fälle in 2003. Das war der sogenannte Jahrtausendsommer, wo es mit Abstand die größten Hitzewellen und -perioden in Deutschland gab.

Also ein Mittelwert von ungefähr 40 Tornados im Jahr?

Das sind nur die nachgewiesenen Fälle. Wenn man jeden Fall kennen würde, wären wir im dreistelligen Bereich. Aber schwächere Tornados über Land werden ja nicht beobachtet.

Wie viele Tornados hatten wir dieses Jahr?

Nachgewiesen sind aufgrund von Augenzeugenberichten, Fotos und Videos 19 Ereignisse, der letzte war am 27. Juni.

Was genau gilt eigentlich als Tornado?

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Blitz, Hagel und Tornado: Am Abend und in der Nacht sind kurze aber kräftige Unwetter über große Teile Deutschlands gefegt. In Framersheim in Rheinland-Pfalz deckte eine Windhose zahlreiche Dächer ab. Die Temperaturen fallen um etwa zehn Grad.

Ein sehr schnell drehendes Windsystem um eine mehr oder weniger senkrecht orientierte Achse, die von einer Wolke nach unten reicht. Teilweise sieht man das an diesem Wolkenrüssel. Aber der erstreckt sich selten ganz bis zum Erdboden. Man bemerkt ihn erst, wenn man am Boden kreisförmig aufwirbelnde Gegenstände sieht, also Dreck, Schmutz, Trümmerteile.

Weit häufiger sind bei uns aber Fallböen? Ja, der sogenannte Downburst. Die entstehen immer bei starken Gewittern, wenn wir eine sehr hohe Wolkenbasis haben, wie am Anfang der Woche. Dann fällt nicht nur aus Gewitterzellen großer Hagel, sondern auch starker Regen aus hohen Luftschichten. Damit fällt auch ganz kalte Luft nach unten, muss am Boden irgendwohin und breitet sich dann eben geradlinig, meistens in Zugrichtung des Gewitters aus. Das bezeichnet man als Gewitterfallböe. Es kann auch noch zu Kanalisierungseffekten kommen, durch Täler oder Hausschluchten. Dann können sie Geschwindigkeiten von über 200 km/h erreichen, die Stärke eines mittleren Tornados. Die können solche Schäden verursachen, wie wir sie diese Woche beobachtet haben.

Also waren das am Dienstag keine Tornados?

Ist nicht auszuschließen, aber wir sind auf Augenzeugen angewiesen. Man kann keinen Tornado mit einem Wettersatelliten oder Wetterradar sehen. Es gibt auch Foren oder ehrenamtliche Skywarner, die verfolgen Unwetter und melden die bei uns.

Kann man sagen, wie viele Tornados diesen Sommer noch kommen?

Das kann man nicht vorhersagen. Man kann Tornados nur wenige Stunden vorher abschätzen. Ich kann nur sagen, dass es am Samstag eine ähnliche Wetterlage geben wird. Aber ob Tornados entstehen, muss man abwarten.

© SZ vom 09.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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