Vermisstes "Titanic"-Tauchboot:Der Sauerstoff reicht für 96 Stunden

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Dieses Foto zeigt das "Titan"-U-Boot des Unternehmens Oceangate Expeditions, das jetzt gesucht wird. (Foto: OceanGate Expeditions/dpa)

Vor der Küste Neufundlands wird nach dem Boot gesucht, das schon seit mehr als zwei Tagen verschwunden ist. An Bord sind fünf Männer - darunter ein britischer Milliardär und ein pakistanischer Geschäftsmann mit seinem Sohn.

In der Nähe des Titanic-Wracks im Atlantik suchen Rettungskräfte nach fünf Vermissten in einem verschollenen U-Boot. Die knapp sieben Meter lange Titan sollte Touristen vor der kanadischen Insel Neufundland zu dem Wrack bringen, doch wird es seit Sonntagmorgen Ortszeit vermisst. Das bestätigten die Betreiberfirma Ocean Gate Expeditions und die US-Küstenwache. Mit mindestens zwei Flugzeugen wird nach dem Gefährt gesucht - die Zeit drängt, denn es wird seit mehr als zwei Tagen vermisst und der Sauerstoff wird knapp.

Der Tauchgang der Titan habe laut Küstenwache am Sonntagmorgen (Ortszeit) begonnen. Die Besatzung des kanadischen Begleitschiffs Polar Prince habe nach etwa einer Stunde und 45 Minuten den Kontakt verloren.

Die US-Küstenwache schreibt auf Twitter, dass eine Crew mit einem Flugzeug vom Typ C-130 zur vermuteten Stelle mehr als 1400 Kilometer vor der US-Küste aufgebrochen sei. Auch ein P8-Poseidon-Suchflugzeug aus dem kanadischen Halifax würde helfen - dieses habe Fähigkeiten, Gegenstände unter Wasser aufzuspüren.

Oceangate Expeditions teilte derweil mit: "Wir prüfen und mobilisieren alle Optionen, um die Besatzung sicher zurückzubringen." Dem Unternehmen zufolge verfügt das Tauchboot über Sauerstoff für 96 Stunden. Nach Angaben der US-Küstenwache blieben am Montagnachmittag (Ortszeit) für die Rettung noch mindestens 70 Stunden Zeit.

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Die Titan hat Platz für insgesamt fünf Personen, neben dem Kapitän und einem Experten können bis zu drei zahlende Gäste an Expeditionen teilnehmen. Die Touren zum Wrack der Titanic dauern laut Unternehmensangaben insgesamt acht Tage und kosten, wie CNN berichtet, 250 000 US-Dollar (229 000 Euro) pro Person.

Britischer Milliardär an Bord

An Bord des Tauchboots befindet sich unter anderem der Milliardär und britische Geschäftsmann sowie Abenteurer Hamish Harding. Die BBC berichtet, dass wohl außerdem der pakistanische Geschäftsmann Shahzada Dawood und dessen Sohn Suleman dabei sind, der CEO von Oceangate - also dem Unternehmen, das die Expedition ausrichtet - Stockton Rush, und der 73 Jahre alte französische Abenteurer Paul-Henry Nargeolet.

Laut Unternehmenswebsite können "qualifizierte Entdecker" kostenpflichtig als "Missions-Spezialisten" an den Tauchgängen teilnehmen. Ihr finanzieller und organisatorischer Beitrag soll die Tauchgänge von Wissenschaftlern unterstützen. Das Unternehmen bewirbt die Fahrten mit dem Kohlefaser-Tauchboot als Chance, "aus dem Alltag herauszutreten und etwas wirklich Außergewöhnliches zu entdecken".

Ein Bild vom Start der Expedition am Morgen des 18. Juni. Wenige Stunden später verschwand die 6,70 Meter lange "Titan" und gilt seither als vermisst. (Foto: -/AFP)

Die Touren von Oceangate Expeditions starten normalerweise in einem Hafen der kanadischen Insel Neufundland. Das Wrack des gesunkenen Luxusdampfers befindet sich etwa 400 Seemeilen südöstlich Neufundlands in 3800 Metern Tiefe. Die Titanic war 1912 auf ihrer Jungfernfahrt von Southampton nach New York im Nordatlantik gesunken, mehr als 1500 Menschen kamen ums Leben. Die Überreste des gesunkenen Schiffes wurden 1985 entdeckt. Erst vor Kurzem hatten Wissenschaftler mithilfe hochauflösender 3-D-Bilder die bisher genaueste Darstellung des Wracks geboten.

Ozean im Suchgebiet vier Kilometer tief

Der Ozean-Forscher Robert Blasiak vom Stockholm Resilience Centre wies auf die schwierigen Bedingungen im Suchgebiet hin. "Der Ozean ist im Durchschnitt vier Kilometer tief, dieses U-Boot befindet sich also in großer Tiefe", sagte Blasiak der BBC. Licht dringe höchstens einen Kilometer weit in die Meeresoberfläche ein, es sei also stockfinster bei gleichzeitig erheblichem Wasserdruck. "Wir wissen, wo die Titanic ist, aber wir wissen nicht, wo das Tauchboot ist. Es könnte also sein, dass es bei weitem nicht so tief ist, und darauf sollten wir alle zum jetzigen Zeitpunkt hoffen."

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Der U-Boot-Experte Alistair Greig vom University College London nannte im BBC-Gespräch mehrere mögliche Szenarien des Vorfalls. Bei einem Strom- oder Kommunikationsausfall könne es sein, dass das Tauchboot zur Oberfläche getrieben würde. Deutlich schlechter wäre die Lage, sollte der Rumpf beschädigt worden sein und es ein Leck geben. "Dann ist die Prognose nicht gut", sagte Greig.

Schwierig wäre es auch, wenn das Tauchboot nicht mehr aus eigener Kraft vom Meeresboden aufsteigen könne. "Auch wenn das Tauchboot möglicherweise noch intakt ist, gibt es, wenn es tiefer als 200 Meter ist, nur sehr wenige Schiffe, die so tief vordringen können, und schon gar keine Taucher", sagte der Experte. "Die für die U-Boot-Rettung der Marine konzipierten Fahrzeuge können sicherlich nicht annähernd in die Tiefe der Titanic vordringen. Und selbst wenn sie es könnten, bezweifle ich sehr, dass sie an der Luke des Touristentauchboots fest machen könnten."

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