Tierschutz:Ach, Manno

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Touristen gaben ihm Zigaretten, nun befreiten Tierschützer einen nikotinabhängigen Schimpansen aus einem Zoo im Irak und bringen ihn in ein Reservat nach Kenia.

Von Titus Arnu

Tiere sind auch nur Menschen. Sie haben gute und schlechte Tage, sie machen manchmal Fehler, sie streiten und sind eifersüchtig, einige rauchen und saufen sogar. Tollpatschige Hunde, misanthropische Kater, paffende Affen: Es sind gerade die vermeintlich menschlichen Verhaltensweisen von Tieren, über die sich Menschen prächtig amüsieren können.

Was in Youtube-Clips auf den ersten Blick ein Riesenbrüller ist, hat in der Realität aber oft einen traurigen Hintergrund. So auch im Zoo von Dohuk, einer Stadt im kurdischen Teil Iraks, dessen Publikumsliebling ein Schimpanse mit dem schönen Namen Manno war. Die Zoobesucher fanden es superwitzig, dass der Affe raucht. Sie steckten Manno Zigaretten zu, fütterten ihn mit Süßigkeiten und Limonade und fotografierten ihn in Kinderkleidung. Nachts wurde er in einen engen Käfig gesperrt. Lustig ist das alles überhaupt nicht, man denkt eher mitleidig: Ach, Manno!

Dass auch Menschenaffen zu Süchtigen werden können, ist schon länger bekannt. Im Zoo von Pjöngjang wurde eine Schimpansin namens Azalea berühmt, die eine Schachtel Zigaretten pro Tag wegqualmte. Und der rauchende Schimpanse Charlie wurde in einem südafrikanischen Zoo trotz seines ungesunden Lebenswandels 52 Jahre alt. Tori, ein kettenrauchender Orang-Utan, wurde 2012 von einem Zoo in Indonesien auf eine unbewohnte Insel verbannt - kalter Entzug.

Und Manno? Tierschützer haben der Quälerei nun ein Ende gesetzt. Sie brachten den vier Jahre alten Affen in ein Schimpansenreservat nach Kenia. Auf der Fahrt von Dohuk zum Flughafen in Erbil seien sie an der umkämpften Stadt Mossul vorbeigekommen, berichtet Tierschützer Daniel Stiles von der Organisation Pegas nach der Rettungsaktion. Nach mehrtägiger Reise in einer Holzkiste erreichte Manno das Reservat Ol Pejeta am Fuß des Mount Kenya, wo Tierfreunde sich seit 1993 um die gefährdete Affenart kümmern. Schimpansen gelten als vom Aussterben bedroht, ihre Zahl wird auf 250 000 geschätzt. Die größten Gefahren für sie sind die Wilderei und die Zerstörung ihres Lebensraums. Schimpansen werden auch verstärkt als Haustiere im Nahen Osten nachgefragt.

Manno stammt vermutlich aus einem Zoo in Damaskus. Kurz nach der Geburt wurde er von seiner Mutter getrennt und für 14 000 Euro ins kurdische Dohuk verkauft. Seine Rettung kostete 10 000 Dollar. Ist das angesichts der menschlichen Tragödien, die sich in Syrien und im Kurdengebiet gerade abspielen, angemessen? "Im Nahen Osten gibt es Tausende Schimpansen, die ein ähnliches Schicksal wie Manno erleiden", rechtfertigt Richard Vigne, Leiter des Reservats in Kenia, die hohen Kosten. "Indem wir einen von ihnen retten, schaffen wir Aufmerksamkeit für das Problem." In Kenia wird Manno langsam an das Leben mit seinen 36 Artgenossen im Reservat gewöhnt - und von Zigaretten entwöhnt. Der Tierarzt ist zuversichtlich: "Manno spielt und bewegt sich die ganze Zeit und ist begeistert von allem, was wir ihm geben. Deprimiert scheint er nicht zu sein."

© SZ vom 14.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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