Terrorismus-Verdacht:Journalisten entschuldigen sich bei Scheich

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Ein saudischer Milliardär geht weltweit mit aller Härte gegen Autoren und Verlage vor, die ihn in Zusammenhang mit al-Qaida bringen und als Förderer des Terrorismus darstellen. Zwei Autoren leisten nun in einer ganzseitigen Zeitungsanzeige Abbitte.

Hans Leyendecker und Claudia Tieschky

In Crocodile Dundee wird der von Paul Hogan gespielte australische Krokodiljäger in New York überfallen und der Räuber zückt ein Messer. "Das soll ein Messer sein?", fragt Hogan und holt selbst ein riesiges Buschmesser hervor: "Das ist ein Messer."

Entschuldigt sich für sein Buch: Autor Jean-Charles Brisard (Foto: Foto: ap)

Dieser Satz beschreibt ungefähr den internationalen Umgang des Scheichs Khalid Bin Mahfouz mit dem Medienrecht. Das soll ein Widerruf sein? Das ist ein Widerruf!

Der saudische Milliardär geht weltweit mit aller Härte gegen Autoren und Verlage vor, die behauptet hatten, er sei einer der wichtigsten Förderer von al-Qaida gewesen, habe als Bankier eine führende Rolle bei der Finanzierung des Terrorismus gespielt und eine seiner Schwestern sei mit Osama bin Laden verheiratet oder verheiratet gewesen. Alles falsch - ganz falsch.

Es tut uns leid!

"Entschuldigung", "Apology", "Excuse" - in vielen Sprachen verneigen sich Autoren in Zeitungsanzeigen vor dem Scheich. Buchautoren, TV-Dokumentaristen wälzen sich im Staub.

Die Welle der Abbitten findet diese Woche einen vorläufigen Höhepunkt im Spiegel: Die Buchautoren Jean-Charles Brisard und Guillaume Dasquié entschuldigen sich in einer ganzseitigen Anzeige für ihren im Herbst 2001 erschienenen Bestseller "Die verbotene Wahrheit": Die Behauptungen über "Sie und Ihre Familien, Gesellschaften und Benefizorganisationen" entbehrten "jeder Grundlage".

Der vom Hamburger Magazin noch im vorigen Monat als "lebende Datenbank" gefeierte Brisard leistet heftigst Abbitte dafür, dass er seine "schwer wiegenden und höchst verleumderischen Behauptungen über den Scheich Khalid Bin Mahfouz und Scheich Abdulrahman Bin Mahfouz" im Dezember 2002 sogar den Vereinten Nationen überreicht habe.

Der im Auftrag des auf Schadenersatzklagen spezialisierten amerikanischen Staranwalts Ron Motley tätige Terror-Ermittler Brisard, den der Spiegel als "Hirn gegen bin Laden" feierte, ist hierzulande auch in anderem Zusammenhang aufgefallen.

In einem seiner Bücher hatte er als erster ein Dokument des Bundeskriminalamts über den jordanischen Terroristen Musab al-Sarkawi ausgewertet, das später über die Schweiz beim Magazin Cicero landete und für Turbulenzen sorgte. Am Mittwoch verhandelt das Bundesverfassungsgericht über den Fall - ein für die Pressefreiheit wichtiges Datum.

Die Wahrheit auf der eigenen Webseite

Vorher schreibt der gut betuchte Scheich Pressegeschichte: Er lässt die Medien tanzen. Allen, die bei Brisard abgeschrieben oder seine Behauptungen unter Hinweis auf die Quelle übernommen haben, droht Ungemach: Selbst in alternativen Websites wird um Deprekation gebeten.

Der Autor Mathias Bröckers, der mit Verschwörungstheorien über den 11. September Aufsehen erregte, entschuldigte sich im Internet: Er müsse "nicht nur den falschen Schwager, sondern auch noch den falschen Schwiegervater korrigieren, den ich im Februar 2002...aus dem Buch von Brisard übernommen hatte, zusammen mit dem falschen Geburtsdatum (1928) des Scheichs".

Der Scheich sei 1949 geboren. Es folgen weitere Entschuldigungen und eine Erklärung: Im Falle der "Schwagerschaft" des Scheichs, so Bröckers, habe er sich einer "in diesem Fall wirklich glaubwürdigen Quelle" bedient: der CIA.

Für so viel Aufklärung wiederum ist dem Scheich, dessen Webseite unter www.binmahfouz.info zu finden ist, zu danken.

© SZ vom 20.11.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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