Geschlechtsverkehr zwischen Geschwistern könnte in der Schweiz bald straffrei werden - wenn es nach einer Initiative des Bundesrats, der Regierung des Landes, geht. So soll auch eine Liebesbeziehung zwischen Mutter und Sohn künftig nicht mehr verboten sein, heißt es in einem Entwurf des neuen Strafgesetzes. Das berichtet die Schweizer Nachrichtenagentur SDA.
Mit der Streichung werde lediglich der einvernehmliche Beischlaf zwischen blutsverwandten Erwachsenen straffrei. Missbrauch von Kindern innerhalb der Familie sei durch Artikel zur Pädophilie weiterhin abgedeckt.
Der Bundesrat will demnach den Tatbestand des Inzests aus dem Strafgesetzbuch streichen, weil die Bestimmung heute bloß mehr von marginaler Bedeutung sei, wie es im erläuternden Bericht zur Gesetzesrevision heißt. "Gemäß dem Bundesamt für Statistik wurden zwischen 1984 und 2007 pro Jahr durchschnittlich drei bis vier Urteile wegen Inzests gefällt", argumentiert der Bundesrat.
Zu den Befürwortern der Gesetzesänderung gehört laut einem Bericht der Schweizer Boulevardzeitung Blick der Grüne Daniel Vischer. Der Jurist Vischer ist Abgeordneter des Nationalrats, des schweizerischen Parlaments. "Inzest ist eine schwierige moralische Frage - aber keine, die wir über das Strafgesetz regeln sollten", zitiert die Zeitung Vischer.
Den Agenturberichten zufolge reagieren die konservativen Parteien CVP (Christlich-demokratische Volkspartei), EVP (Evangelische Volkspartei) und SVP (Schweizerische Volkspartei) empört auf den Vorschlag. Die Streichung des Inzestverbots sei nicht tolerierbar, schreibt laut der Nachrichtenagentur SDA die CVP. Der "Schutz der sozialen Institution Familie" sei nach wie vor "dringend". Für die SVP sei der Vorschlag "inakzeptabel", die EVP habe "absolut kein Verständnis für die völlig unnötige und schlecht begründete Absicht des Bundesrates". Zum Schutz der Familie und aus genetischen Gründen müsse das Verbot aufrecht erhalten werden, so die Argumentation der EVP.
Alkoholverbot und Inzesterlaubnis
Doch Widerstand wird nicht nur von Seiten der bürgerlichen Parteien laut: Auf der Internetseite von Blick überschlagen sich die Internetuser mit empörten Kommentaren: "Geht's noch?!?", schreibt etwa eine 29-Jährige. "Ich darf am Berner Bahnhof nach 22 Uhr keinen Alkohol kaufen, aber bald mit meinem Bruder Sex haben?"
Doch noch ist die Inzest-Erlaubnis nur ein Vorschlag. Laut Blick kündigte Justizministerin Simonetta Sommaruga schon am Montag eine etwaige Änderung des Entwurfs nach der sogenannten Phase der Vernehmlassung an, in der Kantone, Parteien und Verbände gehört werden.