Stilkritik:Political Correctness

Man stelle sich das mal vor: Während einer TV-Live-Übertragung von einer Hochzeit werden die Brüste der Braut gelobt. Das geht natürlich gar nicht. Selbst, wenn es nur - wie die BBC behauptet - der Sprachgenerator war.

Von Martin Zips

Um nichts ist der Mitteleuropäer dieser Tage bekanntlich mehr bemüht als um politische Korrektheit. Hat er mit seinen Gesten, Äußerungen oder Gesichtsbewegungen auch wirklich niemanden beleidigt? Hat er in seinem Tun tatsächlich alle Geschlechter und Nicht-Geschlechter sämtlicher Hautfarben und Altersgruppen berücksichtigt und sich in Wort und Bild in keinster Weise über andere Menschen, Tiere oder Pflanzen lustig gemacht? Wie gut, dass dem Menschen bei dieser schwierigen Herausforderung stets der Computer zur Seite steht. Zum Beispiel mit so einem Spracherkennungsprogramm, welches die BBC aktuell benutzt. In Windeseile wandelt das Programm das von den Moderatoren Gesagte in Untertitel für Hörgeschädigte (und Hörende!) um. Zum Beispiel während der Hochzeit der Queen-Enkelin Eugenie am vergangenen Freitag. Doch blöd, dass der BBC-Sprachgenerator beim Eintreffen der Braut vor der Kapelle aus dem von der Moderatorin zu Recht gelobten "schönen Brautkleid" ( beautiful dress) in der Schriftversion "schöne Brüste" ( beautiful breasts) machte. "Schöne Brüste", das sagt und schreibt man nicht. Das wäre ja total sexistisch. Da kann der depperte Computer schon froh sein, dass er nur ein Computer ist. Einem Mann wäre zu Recht gekündigt worden.

© SZ vom 15.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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