Stilkritik:Alt-Metall

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Metallica-Gitarrist Kirk Hammett im Wiener Praterstadion. (Foto: Georg Hochmuth/dpa)

Die US-amerikanische Heavy-Metal-Band "Metallica" covert im Wiener Ernst-Happel-Stadion völlig unverhofft den Österreich-Schlager "Schifoan" von Wolfgang Ambros. Ist das noch Gesellschaftskritik oder schon Alterswahnsinn?

Von Martin Zips

Metal-Musiker, die haben einem früher mal richtig Angst gemacht. Weil die immer so geschrien haben und schwarz angezogen waren sie auch. Heute weiß man: Überhaupt kein Problem! Die lärmen halt und singen von schlimmen Dingen wie Hass, Knochen und bösen Teufelchen. Aber im Grunde wollen auch sie nur die Welt verbessern. Selbst, wenn sie auf der Bühne einer Ratte den Kopf abbeißen. Da ist Wacken nicht weit von Woodstock entfernt.

Überrascht hat es einen aber dann doch, als man auf österreichischen Kanälen die bald 40 Jahre alte US-Metal-Band Metallica sah, wie sie (im Bild Gitarrist Kirk Hammett) am Freitagabend im Wiener Ernst-Happel-Stadion vor 50 000 Zuschauern plötzlich "Schifoan" vom Wolfgang Ambros intonierte. Was war da los? Alterswahnsinn? Gesellschaftskritik? Ein kleines Gastgeschenk? Oder war man als Zuschauer hier in so eine Art Wiener Zapfenstreich reingezappt? Nur, dass diesmal nicht "Wind of Change" für Ursula von der Leyen gespielt wurde, sondern - unfassbar - ein Pisten-Hit für... ja, für wen eigentlich? Marcel Hirscher? Christoph Grissemann? Dagmar Koller? Saß vielleicht der ehemalige Bundeskanzler im Publikum, weil er ein neues Segensgebet für sich erhoffte? Trug er dabei ein ähnliches Rocker-Shirt wie vor zehn Jahren der deutsche Bundeswirtschaftsminister AC/DC zu Guttenberg auf dem Volksfest Gillamoos? Da steht man mit den Recherchen noch ganz am Anfang. Sicher ist: Der Ambros war begeistert. Dass es ihm tatsächlich gelungen ist, nicht nur die FPÖ/ÖVP-Koalition (vorerst) zu überstehen, sondern auch zum niederösterreichischen Vorbild US-amerikanischer Alt-Metaller geworden zu sein, das muss ihm sehr gefallen haben. Nur um Metallica, da sollte man sich jetzt schon einmal Sorgen machen.

© SZ vom 19.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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