Stadtarchiv: Der Einsturz:In Köln waren Bodenproben egal

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Sorglos in Köln: Die Verkehrsbetriebe sollen die Bodenverhältnisse während des U-Bahn-Baus nicht überwacht haben. Die Lage an der Einsturzstelle ist kritisch.

Der Einsturz des Kölner Stadtarchivs und die Frage nach der Schuld: Möglicherweise wird sie am Ende vor allem bei den Kölner Verkehrs-Betrieben (KVB) zu suchen sein. War der Bau der Stadtbahn ursächlich für den Einsturz des Stadtarchivs? Bis zur abschließenden Klärung dieser Frage wird einige Zeit vergehen. Erstaunlich ist aber bereits jetzt, wie drastisch der Bau offenbar vorangetrieben wurde - und das, obwohl Hunderte Risse in Bauten entlang der Trasse wiederholt Gutachter beschäftigt haben.

Kritischer Zustand: In der Nähe des Stadtarchivs mussten nun auch die Mauern eines Gymnasiums abgestützt werden. (Foto: Foto: AP)

KVB-Sprecher Joachim Berger sagte nun der Kölnischen Rundschau (Freitagausgabe) laut Vorabbericht, lediglich vor Ausschreibung des U-Bahn-Baus und vor dem tatsächlichen Baubeginn sei der Boden stichpunktartig untersucht worden. Eine möglicherweise fatale Sorglosigkeit. In den vergangenen Tagen hatte die KVB noch jede Schuld von sich gewiesen.

Die erste Untersuchung habe noch die Stadt Köln selbst veranlasst, schrieb die Zeitung. Bei der zweiten Untersuchung hätten die Verkehrsbetriebe an der späteren Unglücksstelle Proben an drei Punkten nehmen lassen: genau vor dem jetzt zusammengebrochenen Wohnhaus links des Archivs sowie auf der anderen Straßenseite vor dem Friedrich-Wilhelm-Gymnasium und vor dem früheren Polizeipräsidium.

Diese Untersuchungen hätten aus KVB-Sicht ausgereicht, weil durch den Bau von Schlitzwänden keine Bodenveränderungen außerhalb der Baugruben erwartet worden seien, sagte Sprecher Berger. Die zweite Untersuchungsreihe habe nach der Panne mit dem "schiefen Turm" der Kirche St. Johann Baptist 2004, aber vor dem Start der Tunnelbohrmaschinen 2007 stattgefunden. Wahrscheinlich seien die Schlitzwände zur Untersuchungszeit noch nicht da gewesen.

Ein Unglück wie der Einsturz des Kölner Stadtarchivs durch einen U-Bahn-Bau ist nach Expertenmeinung zwar fast unmöglich; das Risiko sei sehr gering, sagte der Tunnelbau-Experte Professor Bernhard Steinauer. Dennoch müssen eigentlich gerade angesichts des Kiesbodens in der Kölner Südstadt besonders hohe Sicherheitsanforderungen erwartet werden und selbst unwahrscheinlich Fälle ausgeschlossen werden.

Unterdessen bleibt die Lage an der Unglücksstelle angespannt. Dauerregen und steigendes Grundwasser behindern zunehmend die Arbeiten rund um das eingestürzte Kölner Stadtarchiv. Die Bergungskräfte haben weiterhin nicht die Hoffnung aufgegeben haben, zwei möglicherweise verschüttete Einwohner eines Nebenhauses lebend zu bergen. Zugleich versuchen sie, die Überreste des Archivs so weit wie möglich zu retten. Doch die Arbeit ist äußerst schwierig

Am gegenüberliegenden Gymnasium hat die Feuerwehr in der Nacht Gebäudebewegungen registriert. "Wir führen das auf instabilen Untergrund zurück", sagte Feuerwehrsprecher Stephan Raphael am Freitagmorgen. Als Folge müsse für das schwere Räumgerät ein anderer, wesentlich weiter entfernter Standort gesucht werden. Die Suche nach den zwei Männern, die unter den Trümmern vermisst werden, konnte immer noch nicht beginnen. Der Feuerwehrsprecher sagte, das werde sich mindestens bis zum Mittag hinausziehen.

Am Vormittag soll mit Geologen und Experten aus dem Bergbau über die neue Lage beraten werden. "Wir halten mit verstärkter Pumpleistung dagegen", sagte Raphael zur Problematik steigenden Grundwassers und anhaltenden Regens. Die Vorbereitungen zum Abbruch der Häuser rund um das eingestürzte Stadtarchiv liefen unvermindert weiter.

© sueddeutsche.de/dpa/AP/grc - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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