Spanien:Entzweite Königskinder

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Der Ehemann der spanischen Infantin Cristina muss wegen der Unterschlagung von Steuergeldern für sechs Jahre ins Gefängnis. Der Königshof schweigt. Dabei trifft das Urteil das spanische Königshaus bis ins Mark.

Von Thomas Urban, Madrid

Der Königshof schweigt, und der Regierungssprecher sagt nur, dass die Regierung nie etwas zu Gerichtsurteilen sage. Dabei trifft das Urteil von Palma de Mallorca das spanische Königshaus bis ins Mark: Seit Jahren wurde hier ein Prozess um die Unterschlagung von Millionen an Steuergeldern geführt, angeklagt waren auch Cristina de Borbón, Schwester des Königs Felipe VI., und ihr Mann Iñaki Urdangarin. Am Freitag nun wurde Cristina vom Vorwurf der Beihilfe freigesprochen, aber Urdangarin muss für sechs Jahre und drei Monate ins Gefängnis. Die Richter sehen es als erwiesen an, dass er als Präsident einer angeblich gemeinnützigen Stiftung Bilanzen und Urkunden fälschte sowie Steuern hinterzog. Dem Urteil zufolge handelte er dabei gemeinsam mit Politikern Mallorcas und der chronisch korrupten Region Valencia. Insgesamt 16 Personen waren angeklagt, darunter der frühere Regionalpräsident der Balearen, der eine Haftstrafe von drei Jahren und acht Monaten bekam.

Der Skandal hat dem Ansehen der Monarchie in Spanien erheblich geschadet. Urdangarin verlor den Titel eines Herzogs von Palma, der ihm mit der Hochzeit 1997 verliehen worden war. Ein Satiriker malte das Bild aus, dass man ihm zum 20. Hochzeitstag einen Henkelmann mit Kaviar und eine Thermosflasche mit echtem Kaffee in den Knast bringen werde. Der Palast reagierte auf die Stimmung: König Felipe ließ die Eckdaten des Haushaltes der Casa Real, des Königshauses, veröffentlichen, der Sprecher des Hofs erklärte dazu, Spanien verfüge über die billigsten Monarchen in Europa umgerechnet auf Steuermittel pro Kopf der Bevölkerung. Allerdings meinen republikanische Gruppierungen, dass die Zahlen blenden. Denn ein beträchtlicher Teil der Kosten sei in den Budgets von Verteidigungs- und Innenministerium versteckt.

Iñaki Urdangarin war Handballprofi, als er Cristina kennenlernte. Dann besserte er sein Budget illegal auf. (Foto: Cati Cladera/dpa)

Urdangarin war Handballprofi gewesen, er hatte mit der spanischen Olympiamannschaft 1996 und 2000 jeweils die Bronzemedaille gewonnen. Als Schwiegersohn des Königs Juan Carlos konnte er sich kaum der Angebote erwehren, Vorstandsposten in Stiftungen und im Sportmarketing zu übernehmen. Doch waren die Einkünfte offensichtlich nicht hoch genug, um einer Königstochter und vier Kindern einen angemessenen Lebensstil zu ermöglichen, obwohl die junge Familie damals noch erkleckliche Mittel aus der Casa Real bekam. Jedenfalls ließ sich Urdangarin dafür gewinnen, systematisch zu hohe Kosten für Kongresse abzurechnen, die die von ihm geführte Nóos-Stiftung organisierte. Der über Tarnfirmen in die Privatschatullen verschobene Gewinn wurde dabei zwischen Politikern und ihm aufgeteilt. Das Gericht befand, der Schaden belaufe sich auf sechs Millionen Euro. Bei guter Führung kommt er nach drei Jahren frei. Die Richter waren milde, denn der Staatsanwalt hatte für den 49-Jährigen sogar 19 Jahre Haft gefordert.

Die Boulevardmedien bemitleideten Cristina, die 265 000 Euro von dem unrechtmäßig behaltenen Geld zurückzahlen muss, als "traurige, verstoßene Prinzessin". Doch nicht alle Kommentatoren nahmen ihr die Rolle der liebenden Ehefrau ab, die ihrem Mann grenzenlos vertraut habe. Bei ihren Auftritten in der Öffentlichkeit, dem Spießrutenlauf durch die Phalanx der Reporter vor dem Gericht, zeigten sich beide stets einander zärtlich zugetan. Allerdings bekam der während des Prozesses sichtlich gealterte Urdangarin, der bis zum Schluss seine Unschuld beteuerte, vor allem Häme ab. Nach Meinung der Richter hat er nur das gemacht, was Hunderte oder gar Tausende von Amtsträgern in den Boomjahren taten: Sie stopften sich die Taschen auf Kosten der Allgemeinheit voll. Die spanische Justiz hat noch viele Jahre Arbeit wegen all der Korruptionsaffären, Urdangarin wird im Gefängnis nicht an Einsamkeit leiden.

© SZ vom 18.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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