Sexueller Missbrauch:Turn-Olympiasiegerin wirft US-Teamarzt Missbrauch vor

Lesezeit: 2 Min.

Wirft nicht länger schweigen: Turn-Olympiasiegerin McKayla Maroney (Foto: AP)
  • Die US-amerikanische Turn-Olympiasiegerin Maroney wirft ihrem Teamarzt in einem Statement auf Twitter sexuellen Missbrauch vor.
  • Lawrence Nassar habe sich an ihr als 13-Jährige bereits in einem Trainingslager vergangen.
  • Der ehemalige Teamarzt des US-Verbands war im Juni dieses Jahres wegen des Besitzes von Kinderpornographie schuldig gesprochen worden.

Der Skandal um den Hollywood-Produzenten Harvey Weinstein und die daraus entstandene Bewegung #MeToo ( Ich auch) inspiriert immer mehr Menschen dazu, ihre Erfahrungen mit sexuellen Übergriffen auf Twitter zu teilen.

Jetzt hat sich die ehemalige Geräteturnerin und Olympiasiegerin McKayla Maroney zu Wort gemeldet. Auf Twitter veröffentlichte die 21-jährige US-Amerikanerin ein Statement, in dem sie beschreibt, wie sie von ihrem früheren Teamarzt Lawrence Nassar über Jahre sexuell missbraucht worden sei.

Maroney schreibt, Nassar habe sie als 13-Jährige schon bei einem ihrer ersten Trainingslager der US-Nationalmannschaft in Texas sexuell misshandelt. Später soll er sich bei den Olympischen Spielen 2012 in London und in einem Hotel in Tokyo an ihr vergangen und sie mit Schlaftabletten gefügig gemacht haben, schreibt Maroney. Der Missbrauch habe erst ein Ende gefunden, als sie 2016 mit 17 Jahren mit dem Turnen aufhörte.

Plattform X

Die SZ-Redaktion hat diesen Artikel mit einem Inhalt von X Corp. angereichert

Um Ihre Daten zu schützen, wurde er nicht ohne Ihre Zustimmung geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir Inhalte von X Corp. angezeigt werden. Damit werden personenbezogene Daten an den Betreiber des Portals zur Nutzungsanalyse übermittelt. Mehr Informationen und eine Widerrufsmöglichkeit finden Sie untersz.de/datenschutz.

Nassar steht ein Gerichtsverfahren wegen Kindermissbrauchs bevor

Nassar war mehr als 20 Jahre lang Teamarzt für den US-Verband und wurde im Juni dieses Jahres wegen des Besitzes von Kinderpornographie schuldig gesprochen, Ende November soll er sein Urteil bekommen. Die Anklage fordert eine Gefängnisstrafe zwischen 22 und 27 Jahren.

Außerdem steht Nassar im US-Bundesstaat Michigan ein Gerichtsverfahren wegen Kindesmissbrauchs in 22 Fällen bevor. Ihm wird vorgeworfen, Athletinnen unter dem Deckmantel ärztlicher Untersuchungen sexuell missbraucht zu haben.

Die Beschreibungen Maroneys decken sich mit denen vieler anderer ehemaliger Turnerinnen wie Jessica Howard, Jeanette Antolin und Jamie Dantzscher. Das Trio hatte Anfang dieses Jahres in der US-Fernsehsendung "60 Minutes" über die Praktiken Nassars berichtet. So soll Nassar bei "Behandlungen" Finger in seine Opfer eingeführt und das als gängiges "Mittel" gegen Hüft- und Rückenschmerzen gerechtfertigt haben. Auch soll er Athletinnen im Intimbereich massiert und sie aufgefordert haben, keine Unterwäsche zu tragen.

Die Athletinnen betonten, dass Nassar ihr Freund gewesen sei und sehr beliebt gewesen war. Er habe sie oft getröstet und ihnen Schokolade geschenkt, wenn ihre Leistungen nicht gut gewesen seien. Der Arzt sei für die Mädchen eine Vertrauensperson gewesen - nutzte dieses Vertrauen aber offenbar gnadenlos aus.

#MeToo
:Man kann sich gar nicht genug empören

Der Fall Weinstein hat die Seximus-Debatte in die Gesellschaft geholt. Unter dem Hashtag #MeToo twittern Menschen über Alltagserlebnisse - und zeigen: Das hat nichts mit Hysterie zu tun.

Kommentar von Friederike Zoe Grasshoff

Maroney fordert ein Ende des Schweigens

Schon im vergangenen August hatte die US-Zeitung Indianapolis Star mit einem Artikel über sexuellen Missbrauch in der amerikanischen Turnszene für Aufsehen gesorgt. Im Dezember hatte das Blatt dann von mindestens 368 jungen Athleten berichtet, die angegeben hatten, in den vergangenen 20 Jahren von Trainern, Inhabern von Sportzentren oder andere Verantwortlichen missbraucht worden zu sein. Viele Taten seien von Offiziellen vertuscht worden, hieß es. Belastete Trainer seien versetzt und nicht entlassen worden. Zumindest Verbandspräsident Steve Penny war wegen der Vorwürfe im März dieses Jahres zurückgetreten.

Maroney fordert in ihrem Statement auf Twitter nun, dass sich "mehrere Dinge ändern müssen". Zum einen, sollen sich mehr Menschen trauen, sexuelle Belästigung und sexuellen Missbrauch anzuzeigen. Zum anderen, sollen Verbände und Organisationen zur Verantwortung gezogen werden. Womit Maroney wohl vor allem die im Leistungssport weit verbreitete kollektive Schweigehaltung anprangert, die gerne um sich greift, wenn sich einflussreiche Trainer und Verantwortliche an Schutzbefohlenen vergehen.

"Das Wegschauen und Schweigen der Opfer", schreibt Maroney, "hat den falschen Leuten zu lange Macht über uns gegeben." Jetzt sei es an der Zeit, sich diese Macht zurückzuholen.

© SZ.de/fie - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Premier League
:Missbrauch in England: "Es war ziemlich ekelhaft"

Mehr als 600 Fälle, mehr als 350 Opfer: Im britischen Jugendfußball war sexueller Missbrauch weit verbreitet - auch ein englischer Ex-Nationalspieler ist betroffen.

Von Christian Zaschke

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: