Schwarz-Rot-Gold im Klo:Auferstanden aus Latrinen

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Bierlaune mit Folgen: Weil ein Rostocker Student im Internet ein Foto von der Deutschland-Fahne in einer Toilette veröffentlichte, muss er nun 200 Euro Strafe zahlen.

Jens Schneider

Das Foto konnte in seiner Eindeutigkeit kaum übertroffen werden. Es zeigte unübersehbar: eine Deutschlandfahne in einem Toilettenbecken. Im Sommer 2008 hat der junge Sozialdemokrat Robert Hagen aus Rostock das Bild auf seiner Seite im Internet-Netzwerk StudiVZ eingestellt. Der Student war damals Vorsitzender der Jusos in Mecklenburg-Vorpommern, und als das Bild damals zufällig entdeckt wurde, löste das enorme Aufregung aus.

Verfängliches Bildchen im Profil: Diese Deutschlandfahne im Klo hat dem Studenten eine Menge Ärger beschert. (Foto: Foto: screenshot/sueddeutsche.de)

Ein Landtagsabgeordneter der CDU empörte sich in einer Presseerklärung, zwei Anzeigen wurden gegen den heute 23 Jahre alten Hagen erstattet. Eine kam von einem NPD-Abgeordneten. Zunächst wollte das Amtsgericht Rostock ein Verfahren wegen Geringfügigkeit ganz ablehnen. Die Staatsanwaltschaft beschwerte sich beim Landgericht, die Sache kam zurück.

Nun musste das Rostocker Amtsgericht an diesem Donnerstag darüber befinden, ob Hagen mit diesem Akt ein Symbol der Bundesrepublik Deutschland verunglimpft hat - und das obwohl er behauptet, dass das überhaupt nie seine Absicht war.

Tatbestand der Verunglimpfung

In einer Bierlaune habe er das Foto auf die Internet-Seite gestellt, erklärte er schon angesichts der ersten Aufregung. Es irritierte ihn, dass die Deutschland-Fahne im ganzen Land während der Fußball-Europameisterschaft überall präsent war. "Ich wollte mich klar davon abgrenzen, dass Leute ihre Individualität zugunsten der deutschen Fahne aufgeben", so Hagen.

Vor dem Amtsgericht erklärte seine Anwältin Verina Speckin, dass das Bild von der Fahne im Klo an sich wohl schon geeignet sei, den Straftatbestand der Verunglimpfung zu erfüllen. Jedoch hätte dazu auch eine entsprechende Absicht gehört. Und Hagen, Student der Demographie, der Volkswirtschaftslehre und der Soziologie, habe sich doch gerade nicht von der freiheitlich demokratischen Grundordnung distanzieren wollen.

Der junge Mann hatte das Foto-Motiv nicht selbst in Szene gesetzt, es auch gar nicht geschossen, sondern das Bild von einer Internet-Seite namens "Save Israel" übernommen. Nach den Protesten nahm er es von der Seite. Er bedauerte seine Aktion.

Die NPD hatte ihn angezeigt

Die Staatsanwaltschaft sah zwar den Straftatbestand erfüllt, wollte aber auch die Motive des Studenten berücksichtigen. Nach einer guten dreiviertel Stunde wurde das Verfahren gegen Zahlung einer Geldbuße von 200 Euro eingestellt. Begünstigt wird ein Verein namens Lobbi, er berät in Mecklenburg-Vorpommern Opfer rechter Gewalt.

Er wolle sich jetzt auf sein Studium konzentrieren, sagte der Juso nach dem Verfahren und versicherte, dass sich - abgesehen von einem gewaltigen Presserummel - gegenüber ihm persönlich eigentlich niemand explizit aufgeregt habe. Er beklagte aber, dass der Prozess gegen ihn ausgerechnet durch die Anzeige eines rechtsextremen NPD-Abgeordneten ausgelöst wurde.

© SZ vom 19.06.2009/ojo - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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