Rettung in Chile: Presseschau:"Gott ist ein Kumpel"

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Die ganze Welt feiert ein Fest: Auf den Titeln der Tageszeitungen rund um den Globus sind die Bilder der befreiten Bergleute zu sehen. Bei der Formulierung der Überschriften sind die Journalisten geradezu übermütig - außer in einem Land.

Der Präsident des Europaparlaments, Jerzy Buzek, fasst das Presseecho auf die Rettung der 33 chilenischen Bergleute treffend zusammen: "Heute feiern wir die Lust am Leben", schreibt er in einer Erklärung. "Heute können wir für einen Moment unsere Alltagsprobleme vergessen und mit den Chilenen und Bolivianern feiern."

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Alle 33 zurück im Leben: Die ganze Welt nimmt Anteil an der Rettung der chilenischen Bergleute. Als der letzte Kumpel aus der Rettungskapsel steigt, brechen die Menschen vielerorts in Chile in Tränen aus.

Die Bergung in Bildern

Und genau das tun die Menschen in der ganzen Welt - zumindest lassen die Zeitungsüberschriften das erahnen. Der britische Guardian schreibt: "Was für ein Tag! Die Welt jubelt über die chilenischen Bergleute, die aus der Tiefe aufgestiegen sind." Das Wall Street Journal spricht von der durch ein Wunder unterstützten Wissenschaft, die europäische Ausgabe der Wirtschaftspublikation titelte "Chile atmet auf vor Erleichterung".

Der italienische Corriere della Serra schreibt: "Nach 70 Tagen ist der Albtraum beendet. In Chile ist auch der letzte Minenarbeiter herausgekommen". Brasiliens größte Zeitung, Folha de Sao Paolo, illustriert das Wunder aus der Wüste mit 33 grünen Haken, mit denen sie die Fotos von den Geretteten versehen hat. Cape Times in Südafrika titelt mit einem Wortspiel: "On top of the world" - was einerseits wörtlich auf die Erdoberfläche gemünzt ist, "to be on top of the world" kann aber auch mit "überglücklich sein" übersetzt werden.

In Costa Rica bewertet die wichtigste Tageszeitung des Landes, La Nación, das Grubendrama mit Happy End als lehrreich für die ganze Welt: "Die Solidarität und den Heldenmut, den die Bergleute zeigten, bergen eine unschätzbare Lektion", schreibt der Kommentator. "Die chilenische Regierung gab der Welt ein Beispiel an Disziplin, guter Organisation und Effizienz bei der Bewältigung der Krise".

Die amerikanische New York Times scheint zwar nicht unbedingt stolz auf die Regierung, aber doch auf die Geretteten zu sein: "Minenarbeiter trotzen den düsteren Prognosen für ihre Fitness und Psyche", schreibt die Zeitung, fast als hätten die Bergarbeiter nicht nur über ein Unglück, sondern auch über die Medizin triumphiert.

Nicht ganz so überwältigt scheinen die Russen von der Rettung der Chilenen zu sein. Auch Wunder haben ihren Preis, weiß man dort: Die Boulevardzeitung Komsomolskaja Prawda schreibt: "Für die Rettung der Bergleute wurden über 22 Millionen Dollar ausgegeben." Etwas poetischer titelte die Internetzeitung Gazeta.ru: "Ihre Schicht ist nun zu Ende" - das sagte der Präsident Chiles zum letzten aus dem Schacht geborgenen Bergarbeiter.

Sehr emotional und überschwänglich reagierten dagegen die Deutschen: Wo die meisten Journalisten sonst eher nüchterne Berichterstattung bevorzugen, überschlagen sich die Überschriften: "Gott hat gewonnen", schreibt die Welt, "Gott ist ein Kumpel", setzt der Berliner Kurier noch eins drauf. Die Frankfurter Rundschau schreibt unter das Bild eines geretteten Bergmanns: "Zurück im Leben". Nur die Frankfurter Allgemeine Zeitung bleibt sich treu und titelt relativ nüchtern: "Jubel in Chile über gerettete Bergleute".

Die Chilenen genießen die weltweite Aufmerksamkeit sichtlich. Allen voran die größte Tageszeitung des Landes, El Mercurio: "Nach 69 Tagen der Angst in fast 700 Metern Tiefe: Chile bewegt die Welt!"

Was andere chilenische Medien von der Rettungsaktion halten und wie sie sich freuen, bleibt vorerst ein Geheimnis: Die Webseiten der meisten großen Tageszeitungen sind überlastet - und deshalb vorerst nicht erreichbar.

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