Prozess:Richterin verbietet Bordell auf Sylt

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Eine ganz normale Kneipe oder doch ein Puff? Die Bewohner eines Hauses in Westerland waren sich da nicht so sicher und verklagten ihren Vermieter.

Kein Bordell im Zentrum von Westerland

Dass in Westerland auf Sylt die Dinge etwas anders laufen als im Rest der Republik, das war der Berliner Punkband "Die Ärzte" schon im Jahr 1988 klar. "Es ist zwar etwas teurer, dafür ist man unter sich", sang Farin Urlaub damals in einem Song, der der Stadt auf der nördlichsten Insel Deutschlands gewidmet ist. Seitdem das Lied zum Standard-Repertoire von Dorffesten und Kellerpartys gehört, weiß jeder, dass in Westerland gerne viel Geld in intimer Atmosphäre ausgegeben wird.

Auch in einem Bordell wird oft viel Geld in intimer Atmosphäre ausgegeben. Doch diese Parallele will das zuständige Amtsgericht in Niebüll - das liegt übrigens nicht auf Sylt, sondern auf dem Festland - nicht gelten lassen. Die Richterin hat jetzt die Eröffnung eines Bordells im Zentrum von Westerland untersagt.

Die Vorgeschichte des Prozesses

Mieter eines Westerländer Appartementhauses hatten gegen ihren Vermieter geklagt. Sie vermuteten, dass dieser einen freigewordenen Teil seines Hauses in ein Bordell umwandeln wollte. Im Vertrag mit einer neuen Mieterin war zwar nur von einem "Schankbetrieb" die Rede. Doch die anderen Mieter bezweifelten, das dort nur Getränke angeboten werden sollen. Denn die Frau betreibt am Stadtrand von Westerland ein Bordell und die Kläger vermuteten, dass sie dieses nun in die Innenstadt von Westerland verlegen wolle.

Genau das hat die Richterin nun verboten. Der Hausbesitzer dürfe Dritten die Räumlichkeiten nicht für den Betrieb eines Bordells oder eines ähnlichen Vergnügungsbetriebs überlassen. Hält der Vermieter sich nicht daran, droht ihm ein Ordungsgeld von 250 000 Euro.

Eine normale Gaststätte dürfe allerdings eingerichtet werden, sagte die Richterin. Das sei laut einer Vereinbarung aus den Siebzigerjahren zulässig. Bis 2011 war tatsächlich ein China-Restaurant in dem Haus ansässig. "Wenn es eine normale Schankwirtschaft wäre, würde niemand etwas sagen", sagte der Anwalt der Kläger.

Es ist nicht das erste Mal, dass es in Westerland Widerstand gegen ein Bordell gibt. Bereits im vergangenen Jahr scheiterte ein Unternehmer aus Süddeutschland mit dem Bau eines Luxusbordells. Der Streit um diese Neuansiedlung hatte Anfang 2014 sogar die Frauenrechtlerin Alice Schwarzer auf den Plan gerufen. Sie bot der damaligen Bürgermeisterin Petra Reiber ihre Unterstützung im Kampf gegen das Etablissement an.

© SZ vom 17.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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