Prinz Philip:Und tschüss

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Große Aufregung vor dem Buckingham Palace am Donnerstagmorgen - die Queen hat alle Bediensteten kurzfristig einbestellt. Die Nachricht, die verkündet wird, betrifft dann aber ihren Gatten: Prinz Philip geht in Rente.

Von Christian Zaschke

Es war die Daily Mail, die zuerst Wind von der Sache bekommen hatte: Ein Informant hatte dem Blatt gesteckt, dass sämtliche Mitglieder des königlichen Haushalts äußerst kurzfristig die Order erhalten hatten, sich um zehn Uhr (Ortszeit) am Donnerstagmorgen im Buckingham Palace in London einzufinden. Nachdem das Blatt diese Information auf seiner Website veröffentlicht hatte, bauten sich am Donnerstag ab den Morgenstunden Kamerateams aus aller Welt vor dem Palast auf, und dann wurde spekuliert: War die Queen krank? Ging es Prinz Philip nicht gut? Überhaupt: Was in aller Welt sollte diese ungewöhnliche Zusammenkunft bedeuten?

Er wollte längst kürzertreten. Aber allein im vergangenen Jahr war er an 110 Tagen im Einsatz

Im Palast bemerkte man bald, dass die Sache außer Kontrolle zu geraten drohte. Also ließ man verlauten, dass kein Grund zur Sorge bestehe. Sowohl die Königin als auch der Prinzgemahl seien wohlauf.

Das allgemeine und zunehmend hysterische Rätselraten hatte schließlich ein Ende, als der Palast am Vormittag eine knappe Mitteilung herausgab, in der es hieß, dass Prinz Philip vom kommenden Herbst an keine beziehungsweise nur noch ausgewählte öffentliche Termine wahrnehme. Bis Ende August werde er noch regelmäßig auftreten und anschließend keine neuen Einladungen mehr annehmen. Der Palast teilte mit, Philip habe die Entscheidung zum Rückzug ins Private selbst getroffen und werde dabei von der Queen voll unterstützt. Mit anderen Worten: Der Prinz geht in Rente.

Im Juni feiert Philip seinen 96. Geburtstag. Bereits zu seinem 90. hatte er angekündigt, kürzertreten zu wollen, seine Arbeitslast aber kaum verringert. Im vergangenen Jahr war er an 110 Tagen im Einsatz, teils allein, teils an der Seite seiner Frau. An diesem Mittwoch hat er eine neue Tribüne in einem Cricket-Stadion eingeweiht und dabei angemerkt, er sei der "erfahrenste Plaketten-Enthüller der Welt". Philip hat eine Vorliebe dafür, seine Auftritte mit trockenen Bemerkungen dieser Art zu würzen. Ebenso beliebt wie berüchtigt sind seine politisch unkorrekten Äußerungen. Diese sind so zahlreich, dass damit ein Buch mit dem schönen Titel "Duke of Hazard" gefüllt worden ist: Risiko-Herzog. Philip hat australische Aborigines gefragt, ob sie immer noch mit Speeren werfen. Er hat britische Studenten in China gewarnt: "Wenn Sie noch länger hierbleiben, kriegen Sie Schlitzaugen." Einem nigerianischen Präsidenten in traditioneller Kleidung beschied er freundlich: "Sie sehen aus, als wären Sie schon bettfertig." Den ehemaligen deutschen Bundeskanzler Helmut Kohl begrüßte er auf Deutsch mit den Worten: "Guten Tag, Herr Reichskanzler."

In den vergangenen Jahren hatte Philip hin und wieder gesundheitliche Probleme. 2011 wurde ihm ein Stent in die Herzkranzgefäße eingesetzt, nachdem er über Schmerzen in der Brust geklagt hatte. 2012 zog er sich bei den Feierlichkeiten zum 60. Thronjubiläum der Queen eine Blasenentzündung zu und musste mehrere Tage im Krankenhaus behandelt werden. 2013 wurde er im Bauchraum operiert. Zuletzt erfreute er sich jedoch bester Gesundheit und war äußerst aktiv. Kürzlich wurde er in Windsor dabei gesehen, wie er mit einem Vierspänner durch die Landschaft jagte. Das Kutschenfahren hatte er für sich entdeckt, nachdem er einsehen musste, dass Polo wirklich nicht der richtige Sport für Männer seines Alters ist.

Seit 1947 ist Philip mit Elizabeth verheiratet und seit dem 6. Februar 1952 der Mann, der bei offiziellen Anlässen zwei Schritte hinter seiner Ehefrau geht - an diesem Tag hatte Elizabeth den Thron bestiegen. Seine Aufgabe in der Monarchie hat er einmal so beschrieben: "Ich bin da. Das ist mein Job." Es ist allerdings wichtig, zwischen dem öffentlichen und dem privaten Philip zu unterscheiden. Unter Palast-Experten gilt als gesichert, dass er der unumstrittene Kopf der Familie ist. Elizabeth folgt meist seinem Rat, und sie schätzt an ihm, dass er der einzige Mensch ist, der ihr unverblümt seine Meinung sagt.

Philip wurde am 10. Juni 1921 auf Korfu in Griechenland geboren, der Legende nach auf einem Küchentisch. Seine Eltern waren Prinz Andreas von Griechenland und Dänemark und Prinzessin Alice von Battenberg; er war mit allen herrschenden und gestürzten Häusern Europas verwandt. Die Familie musste nach einem Militärputsch 1922 aus Griechenland fliehen. Dank britischer Hilfe gelangte sie zunächst nach Rom, dann nach London und schließlich nach Paris. Philip soll in einer Orangenkiste geschlafen haben. Als Zwölfjähriger kam er auf das Internat Salem, das vom Erlebnispädagogen Kurt Hahn geleitet wurde. Als Hahn vor den Nazis fliehen musste und 1934 im schottischen Gordonstoun eine neue Schule eröffnet hatte, folgte Philip ihm.

Nach seiner Schulzeit trat er 1939 in die britische Marine ein und schloss seine Ausbildung am Royal Naval College in Dartmouth als Jahrgangsbester ab. Dass er im Krieg auf britischer Seite kämpfte, war nicht selbstverständlich. Seine vier Schwestern hatten deutsche Adlige geheiratet, die zumindest teilweise den Nazis nahestanden.

Wie viel mehr Philip ist als der Mann, der in der Öffentlichkeit hinter ihr geht, machte Elizabeth II. anlässlich ihres 60. Thronjubiläums deutlich. Selten spricht sie über Privates, über ihren Ehemann so gut wie nie. Damals aber sagte sie: "Er ist ganz einfach meine Stärke und mein Rückhalt gewesen in all den Jahren. Ich, seine Familie sowie dieses Land und viele andere Nationen schulden ihm mehr, als er je für sich beanspruchen würde."

© SZ vom 29.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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