Partnersuche:Natürlich perfekt

Lesezeit: 3 Min.

Bloß kein Blitz. Und keine Dreckwäsche im Hintergrund. Saskia Nelson weiß, worauf es bei Dating-Fotos wirklich ankommt und wie man mit ihnen eine Geschichte erzählt.

Interview von Friederike Zoe Grasshoff

Saskia Nelson, 46, hat früher in der Wohltätigkeitsbranche gearbeitet, Fotografie war nur ein Hobby. Ein paar Kurse am Londoner Saint Martins College, den Rest hat sie sich selbst beigebracht. Jahrelang hat Nelson online nach einem Partner gesucht, den hat sie nun und hilft anderen: 2013 gründete sie "Hey Saturday", eine Agentur für Dating-Fotografie.

SZ: Frau Nelson, Profis kann man ja für vieles gebrauchen - aber für Dating-Bilder? Ein Selfie tut's doch auch.

Saskia Nelson: Klar. Wenn man jemanden abschleppen will oder auf schnellen Sex aus ist, geht ein Selfie schon. Mir geht es aber darum, Menschen dabei zu helfen, eine echte und lange Beziehung zu finden. Dafür sind starke Bilder wichtig. Im Grunde ist das wie Marketing.

Man muss also aktiv für sich werben?

Wir leben in einer visuellen Welt. Die Leute, die online unterwegs sind, wollen was sehen. Auf Blogs und Nachrichtenseiten werden meist hochwertige Bilder benutzt, die Menschen sind das gewohnt. Wenn es ums Dating geht, um die Suche nach dem Wichtigsten im Leben, und die Leute schlechte Fotos vorgesetzt bekommen, dann ergibt das keinen Sinn.

Optik ist also alles?

Spätestens seit Tinder geht es ums Profilbild - nicht so sehr darum, was die Leute schreiben. Das klingt oberflächlich, aber so läuft das heute. Als ich anfing, fragte mich jeder: Was, bitte schön, ist ein Dating-Fotograf? Seither ist das immer alltäglicher geworden. Ein Stigma hat die Partnersuche im Internet nicht mehr.

Was macht ein Bild erfolgreich?

Es ist hell, lebhaft, nicht verpixelt. Und am wichtigsten: Der Mensch muss die Hauptsache sein. In Dating-Apps sieht man viele Bilder, auf denen zu viel passiert.

Sie meinen: Hund im Arm , die Freundin oder Dreck wäsche im Hintergrund?

Alles auf dem Bild gibt Hinweise darauf, was für ein Mensch man ist. Das Foto muss deinen Lifestyle verkaufen. Andere Leute sollten auf gar keinen Fall auf so einem Bild zu sehen sein, sonst wissen die Betrachter ja gar nicht, wen sie anschauen sollen. Und wenn im Hintergrund Dreckwäsche liegt, kommt das bei den meisten sicher nicht optimal an.

Diese Angleichung an den Geschmack von Fremden ist keine genuin natürliche Herangehensweise, vorausgesetzt, man begreift Liebe als natürliche Regung.

Wenn Sie zum ersten Date gehen, bemühen Sie sich doch auch um einen bestmöglichen Eindruck, oder nicht? Relaxen kann man, wenn man in der Beziehung ist.

Wie sieht ein schlechtes Bild aus?

Man sollte sich auf gar keinen Fall mit Blitz fotografieren! Mit Blitz sehen Menschen bis zu sieben Jahre älter aus. Oder sie haben rote Augen, dabei sind die Augen doch das Wichtigste, da schauen die Leute zuerst hin. Natürliches Licht ist sehr wichtig, eine natürliche Pose, ein authentisches Lächeln, ein selbstsicherer Ausdruck, wenn möglich. Fotos sollten eine Geschichte über die Person erzählen.

Steigert so ein professionelles Bild nicht auch die Gefahr der Enttäuschung?

Als ich selbst Onlinedating gemacht habe, habe ich viele Männer getroffen, die überhaupt nicht aussahen wie auf dem Foto, meist schlechter. Deshalb habe ich "Hey Saturday" gegründet. Ich verstehe mein Geschäft so, dass die Leute aussehen sollen wie die beste Version ihrer selbst.

Einleuchtend, aber auch irgendwie traurig: die Liebe als Geschäft.

Ich finde, Onlinedating ist ein fantastisches Tool, um Menschen dabei zu helfen, die Liebe zu finden. Die Leute machen doch alles online, einkaufen, Musik hören, fernsehen. Wieso also nicht auch Partner suchen? Hier in London ist das Leben so geschäftig, da hat man wenig Zeit, andere Menschen kennenzulernen.

Die kaum überschaubare Anzahl von Flirtplattformen übt aber auch Druck aus, Subtext: Alleinsein ist nicht okay .

Freunde und Familie üben auch Druck aus. Man sollte aber nur dann im Internet nach einem Partner suchen, wenn man es selbst möchte - und nicht, weil einen die Gesellschaft dazu drängt. Und ja: Es ist auch wichtig, sich als Single gut zu fühlen. Sonst kann Onlinedating eine schreckliche Erfahrung sein.

Man muss ziemlich viel Bewertung und Entwertung aushalten. Von Menschen, die man gar nicht kennt.

Selbstsicherheit ist wichtig. Wenn jemand nicht mit einem ausgehen will, sollte man sich einfach denken: Okay, dann ist das eben nicht der Mensch für mich.

Aber dieser große Bildermarkt ist schon einfacher für Menschen, die gemeinhin als schön gelten, nicht wahr?

Gute Frage. Ich habe auch schon das Gegenteil gehört. Ich denke, es geht mehr um die Geisteshaltung, wie gut du dich mit dir selbst fühlst. Ich glaube fest daran, dass jeder im Internet die Liebe finden kann. Ich habe meinen Freund auch online kennengelernt, wir sind jetzt seit sieben Jahren zusammen.

© SZ vom 15.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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