Online-Dating:Falsche Frauen

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Die Polizei durchsuchte vergangene Woche die Büros von Lovoo in Dresden. (Foto: Arno Burgi/dpa)

Beim Dating Portal Lovoo erstellten Mitarbeiter offenbar gefälschte Frauen-Profile um männliche Kunden zu ködern. Nun stand die Polizei mit Maschinenpistolen und Rammbock vor der Tür des Unternehmens.

Von Cornelius Pollmer, Dresden

Dem Datingportal Lovoo ist eine gewisse Widersprüchlichkeit zu eigen, das geht sogar aus den öffentlichen Mitteilungen des Dresdner Unternehmens hervor. Noch im Februar jubelte Lovoo über eine Auszeichnung zum "Top-Arbeitgeber 2016". Gerahmt wird dieser Jubel von zwei "Stellungnahmen", deren Inhalt die Frage aufwirft, wie viele der derzeit 200 Mitarbeiter sich demnächst womöglich einen anderen Top-Arbeitgeber suchen müssen.

Stellungnahme I geht zurück auf den September des vergangenen Jahres, als ein Bericht des Computermagazins c't erstmals Schatten warf auf jene Erfolgsgeschichte, die Lovoo selbst am allerliebsten beschrieb: ein Start-Up aus dem Osten, erfolgreich im Dienste der Liebe für angeblich 50 Millionen Nutzer. Der Schatten bestand nun darin, dass es dem Bericht zufolge aller Wahrscheinlichkeit nach unter den Nutzern auch gefälschte, weibliche Profile gab, "Promote-Bitches", die männliche Kunden dazu animieren sollten, kostenpflichtige Leistungen der App in Anspruch zu nehmen. Das Magazin, dem ein mehr als 50 Gigabyte großes Datenpaket zugespielt worden war, legte später nach und berichtete über ein von Lovoo entwickeltes Chat-System: Durch echte Gesprächsverläufe trainierte Chat-Roboter sollten zu tausenden zum Einsatz kommen, um mit männlichen Profilen Kontakt aufzunehmen. Lovoo wies die Vorwürfe zurück.

Stellungnahme II datiert auf den 10. Juni 2016 - diesmal sichert die Lovoo GmbH "den Ermittlungsbehörden vollumfängliche Transparenz und Kooperation" zu. Basierend auf dem Bericht im September stellte die Dresdner Staatsanwaltschaft eigene Untersuchungen an. Am Mittwoch vergangener Woche durchsuchte sie mit dem Landeskriminalamt Sachsen Privatwohnungen und Firmenräume in Dresden, Berlin und Nürnberg. Die Zentrale von Lovoo in Dresden wurde von Beamten mit Maschinenpistolen und Rammbock gestürmt. Zwei Geschäftsführer von Lovoo wurden festgenommen, der dritte entging den Beamten nach einem späteren Bericht der Bild am Sonntag nur durch Zufall. Er befand sich zum Zeitpunkt der Razzia in einem Café - und stellte sich schließlich selbst. Da als Haftgrund Fluchtgefahr angenommen worden war, konnte der Geschäftsführer gegen eine Kaution von 300 000 Euro in Freiheit bleiben.

Am Wochenende wurden zudem weitere Details der Untersuchungen bekannt. So betrachtet die Staatsanwaltschaft konkret den Zeitraum zwischen Juni 2013 und Juni 2014. In dem entsprechenden Jahr sollen bis zu 477 gefälschte weibliche Profile bei Lovoo eingestellt und gepflegt worden sein. Der den Nutzern durch diese Profile entstandene Schaden soll sich auf 1,2 Millionen Euro belaufen. Insgesamt zwölf Lovoo-Mitarbeiter zwischen 25 und 38 Jahren hat die Staatsanwaltschaft im Visier.

Wenn es um die Vermittlung von Kontakten geht, gibt es immer wieder Auffälligkeiten und Skandale, immer wieder geht es dabei auch um gefälschte Profile. Vergangenen Sommer etwa sorgte ein Hack des Seitensprungportals Ashley Madison für Aufsehen. 30 Millionen echten Männern standen laut einer Datenauswertung etwa 12 000 echte Frauen gegenüber. Geworben hatte das Unternehmen stets mit einer Quote von 6:1. Sachsen, das nicht gerade für Reichtum und Größe seiner Internetfirmen bekannt wäre, wird mit der groß angelegten Durchsuchung bei Lovoo indes einmal mehr auffällig. Im Dezember 2012 etwa durchsuchte das LKA die Zentrale von Unister in Leipzig - dem Unternehmen wurde vorgeworfen, über von ihm betriebene Webseiten unerlaubt Versicherungsprodukte zu verkaufen. Der Prozess verzögert sich.

© SZ vom 14.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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