Naturkatastrophe in den USA:Mehr als 270 Tote nach Tornados

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Demolierte Autos, zerstörte Häuser, Strommasten, die wie umgeknickte Strohhalme am Straßenrand liegen: Die Wirbelstürme in den USA haben ganze Landstriche verwüstet, mehr als 270 Menschen ums Leben gekommen. US-Medien sprechen von der schlimmsten Tornado-Serie seit 1974.

Moritz Koch

Am Tag danach gleicht Tuscaloosa einem Trümmerfeld. Fassungslos starren die Menschen auf ihre zersplitterten Holzhäuser und demolierten Autos, auf die Strommasten, die wie umgeknickte Strohhalme am Straßenrand liegen. Der Wirbelsturm, der über die Universitätsstadt in Alabama hinweggefegt ist, hat eine Schneise der Verwüstung geschlagen. Und es war nur einer von vielen.

Die Stadt Tuscalossa im Bundesstaat Alabama wurde von den Tornados besonders hart getroffen. Am Tag nach dem verheerenden Wirbelsturm versuchen Einwohner ihr Hab und Gut aus den völlig verwüsteten Häusern zu bergen. (Foto: AFP)

Insgesamt wirbelten am Mittwoch 200 Tornados im Süden der USA. Dabei sind mehr als 270 Menschen ums Leben gekommen. Allein Tuscaloosa habe 36 Einwohner verloren, sagte Bürgermeister Walter Maddox. Die Behörden rechnen damit, dass die Zahl der Opfer in den kommenden Tagen weiter steigt. Viele Menschen wurden in ihren Häusern überrascht und sind unter den Trümmern begraben.

Obama will am Freitag ins Katastrophengebiet reisen

US-Präsident Barack Obama sagte dem Gouverneur von Alabama, Robert Bentley, Hilfen zur Bewältigung der Naturkatastrophe zu. 2000 Soldaten der Nationalgarde wurden in das Katastrophengebiet geschickt. "Wir sind mit dem Herzen bei jenen, die von dieser Verwüstung betroffen sind, und wir preisen den heldenhaften Einsatz derer, die unermüdlich gegen das Unglück ankämpfen", sagte Obama.

Der US-Präsident will am Freitag ins Katastrophengebiet reisen. Er werde sich von der Lage im Bundesstaat Alabama ein Bild machen, teilte das Weiße Haus am Donnerstag mit. Neben Alabama waren auch Gegenden in Tennessee und Mississippi schwer betroffen. Hunderttausende Menschen in der Region waren nach dem Sturm ohne Strom. Die Ausläufer der Front, welche die Tornados brachte, reichten bis nach New York, wo Dutzende Straßen überschwemmt wurden. In sieben US-Bundesstaaten wurde der Notstand ausgerufen.

"Finger Gottes" werden die Wirbelstürme in den religiösen Südstaaten auch genannt. Tornados suchen die Region häufig heim, gerade im Frühling bilden sich die Wirbelstürme. Doch selten hat die Naturgewalt so sehr gewütet wie am Mittwoch. US-Medien sprachen von der schlimmsten Tornado-Serie seit 1974, als 310 Menschen durch Wirbelstürme ums Leben gekommen waren.

Einzelne Windwirbel sollen mehr als einen Kilometer breit gewesen sein, wie Augenzeugen berichten. In der Nähe der Stadt Huntsville in Alabama schnitt der Sturm das Atomkraftwerk Browns Ferry von der Stromversorgung ab. Die US-Atomaufsicht versuchte zu beruhigen: Das Sicherheitssystem mit sieben Dieselgeneratoren habe ordnungsgemäß eingegriffen, und der Vorfall sei auf dem niedrigsten Gefahrenniveau eingestuft worden. Techniker würden daran arbeiten, das Kraftwerk wieder ans Stromnetz anzuschließen.

In Tuscaloosa warnten Sirenen die 80.000 Einwohner vor dem nahenden Sturm. Viele suchten Zuflucht in ihren Kellern, aber kaum einer rechnete mit dem riesigen Ausmaß der Zerstörung, die über sie hereinbrechen sollte. Auch Meteorologen des nationalen Wetterdienstes mussten in einen Schutzraum flüchten und ihre Überwachungsaufgaben auf ihre Kollegen in Mississippi übertragen. Mehrere Amateurvideos haben den Moment festgehalten, am dem der Tornado Tuscaloosa erreichte - und ganze Stadtgebiete einebnete. Der Gouverneur von Kentucky, Steve Beshear, rief die Bevölkerung auf, "im Alarmzustand zu bleiben, bis diese Sturmfront endlich vorübergezogen ist". In Missouri mussten Hunderte Anwohner von Hochwasser führenden Flüssen ihre Häuser verlassen.

US-Wetterdienst warnt vor neuen Tornados

Meteorologe Christian Herold vom Deutschen Wetterdienst in Offenbach sagte, die gewaltigen Wirbelstürme würden durch ein kräftiges Tiefdruckgebiet ausgelöst, das derzeit über den USA liegt. Auf seiner Vorderseite befinde sich feucht-warme Luft aus dem Golf von Mexiko, auf seiner Rückseite kalte Polarluft aus dem Norden, sagte Herold. Wenn diese Luftmassen aufeinanderprallten, entstünden heftige Gewitter - und daraus Tornados. In keinem anderen Land gibt es so viele dieser Wirbelstürme wie in den USA.

Der Nationale Wetterdienst der USA warnte vor neuen Tornados, Hagel, Überschwemmungen und Blitzschlag in Teilen der Südstaaten Alabama, Georgia und Mississippi sowie vor Unwettern in weiteren 21 Bundesstaaten von den Großen Seen bis zur Golfküste und zum Atlantik. Am Freitag könne sich die Lage zwar vorübergehend entspannen, doch am Samstag seien neue schwere Regenfälle und starker Wind zu befürchten.

© SZ vom 29.04.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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