Mord in Frankfurt:Ein "Sex-Mob"-Skandal, eine Tote, ein Verdächtiger

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  • Im Fall der getöteten 29-Jährigen, die in einem Frankfurter Park gefunden wurde, hat die Polizei einen Verdächtigen festgenommen. Dabei handelt es sich um einen 50-jährigen deutschen Gastronom aus Frankfurt.
  • Jan M. war mit der Toten bekannt und gemeinsam wegen Falschaussage über angebliche sexuelle Übergriffe in der Silvesternacht 2015/16 angeklagt.

Von Lars Langenau

Abtransport der Leiche von Irina M.: Jetzt wurde ein Bekannter von ihr festgenommen. (Foto: dpa)

Am frühen Mittwochmorgen findet ein Mann beim Gassigehen in der kniehohen Wiese des Frankfurter Volksparks Niddatal die blutverschmierte Leiche einer jungen Frau. Getötet, stellt die Polizei fest, wurde sie durch massive Gewaltanwendung: Sie ist voll bekleidet, ihr Gesicht durch Messerstiche entstellt, ein Arm durch Stiche zerfetzt.

Nahe des Tatorts parkt ihr weißer Mercedes SUV. Kurz danach ist klar: Die Tote ist Irina A. Die 29-Jährige ist in Frankfurt bekannt, seit ihrem Bericht über einen angeblichen "Sex-Mob" Silvester 2016, den es allerdings gar nicht gab. Gemeinsam mit dem Gastronomen Jan M., 50, wurde beiden die Vortäuschung einer Straftat vorgeworfen: Sie hatten Medien über massive sexuelle Belästigung durch junge, betrunkene, syrische Männer berichtet, ähnlich den Vorfällen in Köln zum Jahreswechsel 2015/16. Die Bild titelte im Februar 2017: "37 Tage nach Silvester brechen Opfer ihr Schweigen - Sex-Mob in der Freßgass".

Kronzeugen der Geschichte waren der Wirt, der behauptete, die Araber hätten sein Lokal in der Innenstadt überrannt und weibliche Gäste belästigt. Irina A. sagte der Bild und Sat1: Sie sei überall begrabscht worden, "ich kann froh sein, dass ich eine Strumpfhose anhatte". Zwei Wochen später musste das Boulvardblatt zurückrudern: "Mit Bedauern muss die Redaktion feststellen, dass die wiedergegebenen Aussagen und Anschuldigungen der vermeintlichen Opfer in keiner Weise von der Polizei bestätigt werden und gänzlich haltlos sind."

Irina A., so stellte sich heraus, war in angeblichen Tatnacht in Belgrad, wie die Frankfurter Rundschau (FR) süffisant berichtete. Unklar bleib, was Jan M. und Irina A. zu der Falschaussage getrieben hat. "Ausländerhass könnte ein Motiv sein", schrieb die FR weiter. Er habe nichts gegen Ausländer, einige seiner besten Angestellten seien Ausländer, aber er wolle, "dass die ganzen Sozialromantiker endlich mal wahrnehmen, dass es so nicht weitergeht".

Zudem habe er auf seiner Facebook-Seite, wo sich der Eintracht-Fan durchtrainiert und tätowiert gern mit anderen starken "Frankfurter Jungs" und Kampfhunden zeigt, die AfD gelikt. "In der Szene gilt Jan M. durchaus als ein Mann von Halbwelt, ihm werden gute Kontakte zu den Hells Angels nachgesagt", berichtet die Frankfurter Rundschau weiter und listet Beteiligungen an weiteren Kneipen und Clubs auf. Vor seiner Zeit als Gastwirt soll er auch "als Manager bei einer Unternehmensberatung sowie als Investmentbanker für eine Privatbank gearbeitet haben".

Am Freitag um 17 Uhr nun wurde Jan M. festgenommen. Die Sprecherin der Frankfurter Polizei bestätigte der SZ damit einen Bericht von Bild.de: "Es wurden Blutspuren des Tatverdächtigen am Tatort gefunden." Ob ein Zusammenhang mit der Falschaussage bestehe, sei aber noch unklar. Noch heute soll er dem Haftrichter vorgeführt werden.

Eine Sprecherin der Frankfurter Staatsanwaltschaft sagte, das Verfahren gegen den Wirt werde auch nach dem Tod der zweiten Angeklagten wie geplant beginnen. Der Prozess vor dem Amtsgericht Frankfurt ist nach bisheriger Planung für den 8. Juni vorgesehen. Aber das dürfte für Jan W. nun zweitrangig sein.

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