Mitten in ... Seoul
Plötzlich ist da diese schmale Glastür in einer Häuserzeile im Bezirk Gangnam. "Touch Café" steht darüber. Der Trend zur Selbstbedienung hat in Südkorea also auch die Kaffeehauskultur erfasst. Im kleinen Gastraum gibt es eine Metalltheke und Hocker zum Verweilen. Steckdosen für USB-Sticks. Freies Wi-Fi. Aus Regalen kann man sich Plastikdeckel, Umrührstäbe und andere Accessoires für den Pappbecher-Kaffee nehmen. An der Wand hängen Drucke von Chagall. Auf dem Kaffeeautomaten steht "Made in Italy". Das gewünschte Getränk bestellt man durch Berühren des Bildschirms. Allerdings kommt nichts. Diverse Geldkarten werden probiert, keine geht. Warum? Im Selbstbedienungscafé mit englischem Namen, russisch-französischer Kunst und italienischem Espresso kann man nur koreanisch bezahlen. Sehr international. Thomas Hahn

Mitten in ... Wörgl
Der Zug ist mal wieder übervoll, Verspätung gibt es auch noch, und das Baby hat Hunger. Zum Glück hat man die Hinweise am Hotelbuffet ("Bitte kein Essen mitnehmen") schamlos ignoriert und Wassermelonenschnitze eingepackt. Weil man ja Kindern am besten erst mal regionales, saisonales Obst gibt, kennt das Baby bislang vor allem Birnen. Und, nun gut, Bananen. Die Wassermelone kommt aber gut an. Zum Glück, denn es ertönt die Durchsage: "Personen im Gleis, wir fahren jetzt auf Sicht." Dann wieder Stille. Das Baby knabbert vergnügt. Da schallt eine empörte Kleinkindstimme, vielleicht drei Jahre alt, zu uns herüber, aus der Vierer-Sitzgruppe in Fahrtrichtung: "Mir kauft ihr niiiieeee Wassermelone. Niiiieeee, niiiieeee, niiiieeee!" Gemurmelte Antwort der Eltern. Wieder laut das empörte Kind: "Nur weil die nicht hier wachsen!" Elisa Britzelmeier

Mitten in ... Turin
Ein gemütliches Café in bester Lage von Turin. Der Barista hat Redebedarf, er springt von einem Tisch zum anderen, bis man selbst an der Reihe ist. Schnell geht es ums Wesentliche: die finanzielle Lage. Schrecklich sei sie, vor der Pandemie habe er den Laden übernommen und viel investiert, aber das Geschäft rentiere sich nicht mehr, keine Ahnung, wo die ganzen Leute sind, er jedenfalls überlege zu verkaufen. Mitleid erfasst die Kunden, also will man an der Kasse das Restgeld liegen lassen, obwohl das in italienischen Cafés nicht üblich ist. Ma no! Auf keinen Fall will der Barista Trinkgeld annehmen, man solle die paar Münzen lieber für etwas Schöneres ausgeben. "Es ist eh schon zu spät", sagt er. Dann greift er hinter die Theke, öffnet eine Packung traditioneller Bonbons der besten Sorte und reicht sie hinüber. So süß kann Wehmut schmecken. Francesca Polistina
Weitere Folgen der Kolumne "Mitten in ..." finden Sie hier .