Baden-Württemberg:Zwei Tote nach Schüssen in Mercedes-Werk in Sindelfingen

Lesezeit: 2 min

Die Tat ereignet sich am Morgen während der laufenden Produktion. Sicherheitskräfte überwältigen den Schützen. Der Tatverdächtige sitzt in Untersuchungshaft.

In einem Werk des Autobauers Mercedes-Benz im baden-württembergischen Sindelfingen sind am Morgen Schüsse gefallen. Ein 53-Jähriger soll geschossen haben, zwei Mitarbeiter eines Subunternehmens - beide 44 Jahre alt - sterben.

Bei den Toten handelt es sich um Mitarbeiter der Firma Rhenus, sagte eine Sprecherin des Logistikdienstleisters. In den Vorfall seien drei festangestellte Mitarbeiter verwickelt gewesen. "Ich habe die Schüsse gehört, dachte, dass eine Palette runtergefallen ist. Dann kam jemand aufgeregt angerannt und erzählte, dass geschossen worden sei. Wir mussten alle raus - und die Firma hat uns heimgeschickt", sagte eine Mitarbeiterin der "Bild"-Zeitung. Einen Kollegen des Tatverdächtigen zitierte das Blatt so: "Der Typ soll sein ganzes Magazin leergefeuert haben. Er ist noch nicht lange bei uns, höchstens ein Jahr."

Der Werksschutz überwältigt den Tatverdächtigen, der sich dann von der Polizei widerstandslos festnehmen lässt. Die Staatsanwaltschaft geht vorerst von einem Einzeltäter aus und schweigt noch über weitere Tatdetails. Der Haftrichter erließ am Nachmittag Haftbefehl wegen Totschlags in zwei Fällen, wie Staatsanwaltschaft und Polizei mitteilten. Der 53-Jährige sitzt nun in Untersuchungshaft.

Wie gelangte die Waffe auf das Werksgelände?

Nach den ersten Notrufen gegen 7.45 Uhr waren Polizei und Rettungskräfte mit einem Großaufgebot vor Ort, für die beiden Opfer kam aber jede Hilfe zu spät. Die Ermittler haben nach eigenen Angaben noch keine Erkenntnisse über ein Motiv des festgenommenen Verdächtigen. Auch zur Frage, ob sich der 53-Jährige und die beiden Opfer kannten, konnte ein Polizeisprecher zunächst keine Angaben machen. Es liefen Vernehmungen durch die Kriminalpolizei. Die mutmaßliche Tatwaffe wurde sichergestellt, sagte der Sprecher. Er habe keine Infos, um was für eine Waffe genau es sich handelt.

Unklar ist auch, wie die Waffe auf das Werksgelände gelangte. "Ich hoffe mal, dass sie vielleicht ein bisschen mehr Kontrollen machen. Wenn man so einfach Waffen da reinkriegt, das kann ja auch mal einen von uns treffen", sagte ein Mercedes-Mitarbeiter und berichtete vor seinem Schichtbeginn von einem "mulmigen Gefühl". Die Mitarbeitenden in der betroffenen Halle wurden psychologisch betreut, so ein Polizeisprecher. Es bestehe keine Gefahr mehr für die Angestellten. "Die Produktion läuft normal weiter, bis auf besagte Halle."

Bis Sonntag wird in der Halle nicht gearbeitet

Mercedes-Benz äußerte sich "zutiefst bestürzt und geschockt" über die Tat. "Unsere Gedanken sind bei den Opfern, ihren Angehörigen und allen Kolleginnen und Kollegen vor Ort", sagte ein Unternehmenssprecher. Das Personal der betroffenen Halle verließ nach den Schüssen geordnet das Werksgelände. Die Produktion in der Halle 56 bleibt vorerst gestoppt. "Wir haben uns dazu entschieden, hier die Arbeit bis zum Ende der Woche ruhen zu lassen", sagte ein Sprecher des Autobauers. Konkret soll dort bis einschließlich Sonntag nicht gearbeitet werden. Wie viele Beschäftigte davon betroffen sind, war nicht bekannt.

Die Halle an sich sei von den Behörden bereits wieder freigegeben worden, sagte der Sprecher. Es handle sich um eine Entscheidung des Unternehmens. Auf dem restlichen Werksgelände soll die Fertigung demnach normal weiterlaufen. Im Sindelfinger Werk von Mercedes-Benz mit einer mehr als hundertjährigen Geschichte arbeiten etwa 35 000 Menschen. Dort rollen neben der E-Klasse auch die S-Klasse sowie deren elektrisches Pendant EQS vom Band.

Im Februar vergangenen Jahres war nach einer wilden Raserei der Fahrer eines Kleinbusses auf dem Werksgelände erst durch einen Unfall und einen Schuss gestoppt worden. Der Mann hatte mit seinem Wagen eine Schranke zum Werksgelände durchbrochen und aufs Gaspedal getreten. Erst durch einen Schuss ins Bein hatten Polizisten den Fahrer gestoppt. Der damals 61-Jährige kam danach in eine psychiatrische Einrichtung.

© SZ/SZ/dpa/olkl/mt - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusMordverdacht an der Charité
:Tatort Krankenhaus

In Berlin wird ein Kardiologe der Charité wegen Mordverdachts verhaftet. Dass Patientinnen und Patienten Opfer von Verbrechen werden, ist gar nicht so selten. Ärzte, die morden, sind aber die Ausnahme.

Von Christina Berndt und Verena Mayer

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: