Meeresbiologie:Die Uhr der Seehunde

Seehunde robben putzig herum, sehen süß aus und machen lustige Geräusche? Ach, wüssten die Menschen nur, welche Fähigkeiten die Tiere tatsächlich besitzen. Aus Rostock kommt nun die Nachricht: Seehunde haben ein präzises Zeitgefühl.

Von Sebastian Herrmann

Aus menschlicher Sicht zählen zu den typischen Eigenschaften eines Seehundes: als Jungtier große Augen machen und süß aussehen; bei der Fütterung im Zoo putzig dem Tierpfleger den Fisch aus der Hand schnappen; auf dem Bauch tollpatschig herumrutschen und lustige Geräusche von sich geben. Wenn die Tiere nur wüssten, welches Bild sie abgeben, dann würde der Seehund-Gleichstellungsbeauftragte sicher eine Klage wegen Diskriminierung anstrengen. Als Kronzeugen für das besondere Wesen des Seehundes an und für sich könnten nun Forscher der Universität Rostock auftreten. Diese berichten nämlich in der Fachzeitschrift Animal Cognition, dass die Tiere eine Fähigkeit haben, die ihnen bis dato nicht zugetraut wurde: Seehunde haben demnach ein ausgeprägtes Gespür für Zeit, eine Art innere Uhr.

Das stellt die Tiere in eine Reihe mit Menschen, Affen, Vögeln und manchen Nagern.

Seehunde seien imstande, Intervalle im Millisekundenbereich zu unterscheiden, berichten Forscher um Tamara Heinrich und Frederike Hanke. Was das bedeutet? Dass die Tiere gut abschätzen können, wie lange ein Ereignis dauert - und dass sie wohl ein Gefühl für Zukunft und Vergangenheit besitzen. Ein Zeitempfinden hilft den Tieren bei der Orientierung und Futtersuche im Ozean. Schließlich müssen Seehunde einschätzen, wie lange sie tauchen und wie weit der Weg an die Oberfläche ist, wo sie wieder Luft holen können. Vielleicht hilft ein Zeitgefühl aber auch im Zoo, wenn Seehunde abschätzen können, wie lange der Pfleger braucht, um die nächsten Fische aus dem Eimer zu holen.

© SZ vom 20.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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