Maulkorb für Hunde:Berliner Schnauze

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Zwergpinscher mit Beißschutz: Von Januar an müssen alle Hunde in der Hauptstadt in öffentlichen Verkehrsmitteln Maulkorb tragen.

Karin Prummer

"Jetzt in diesem Moment verkaufe ich schon wieder einen", ruft Fred Gerhardt fröhlich ins Telefon. Maulkörbe sind seit kurzem der Renner in seinem Berliner Heimtierbedarfsladen. Zehn Stück pro Tag gehen nun weg, vorher waren es zehn im Monat. "Irgendwer profitiert immer von so einer neuen Regel", sagt Gerhardt verschmitzt.

Der will nur spielen: In Berlin ist für jeden Hund der Maulkorb Pflicht. (Foto: Foto: dpa)

Die neue Regel kommt vom Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB): Alle Hunde müssen vom 1. Januar an in öffentlichen Verkehrsmitteln in Berlin und Brandenburg einen Maulkorb tragen. Bislang galt das nur für Hunde, die größer als eine ausgewachsene Hauskatze waren.

Es gibt nur eine Ausnahme von der Maulkorb-Pflicht: wenn der Hund in einem "geeigneten Behältnis" transportiert wird, sagt VBB Sprecherin Brigitta Köttel, also in Box, Tasche oder Käfig. "Alberner Blödsinn" sei ein Beißschutz für Chiwawa, Dackel, Zwergpinscher und Pudel, schimpft Herbert Simiot vom Berliner Landesverband für das Deutsche Hundewesen.

Mit Kulanz und Augenmaß

Das sei eine reine Willkürentscheidung des VBB, er könne sich keinen vernünftigen Grund vorstellen. Auch beim Berliner Fahrgastverband rätselt man darüber. Mit der Begründung tut sich der Verkehrsverbund schwer: Es gehe um die Sicherheit der Fahrgäste, sagt Sprecherin Köttel. Der Vorschlag kam von Verkehrsbetrieben in Brandenburg, der ganze Verbund schloss sich an. "Die haben wohl schlechte Erfahrungen gemacht", sagt Köttel. Sie räumt aber ein, dass es in Berlin in letzter Zeit keine Beschwerden über aggressive kleine Hunde gegeben hat.

Keine Oma müsse Angst haben, mit ihrem Pinscher des Busses verwiesen zu werden. "Mit Kulanz und Augenmaß" würden Busfahrer und Kontrolleure vorgehen, verspricht Köttel. Aber theoretisch gilt: Wer mit einem Hund ohne Maulkorb erwischt wird, muss aussteigen. In der Praxis sollen Kontrolleure erst nett darum bitten, dem Hund den Maulkorb anzulegen und dann je nach Fall entscheiden. "Jetzt kommt es also darauf an, ob der Kontrolleur den Hund mag oder nicht", sagt Simiot vom Verband für Hundewesen.

Verwundert reagieren die Verkehrsbetriebe in anderen deutschen Großstädten auf die strengen Berliner. Weder in Hamburg, noch in München oder Köln wird über eine Verschärfung der Beförderungsbestimmungen nachgedacht. In den drei Städten müssen nur gefährliche Hunde wie etwa Kampfhunde einen Beißschutz tragen. Noch nie habe sie gehört, dass es mit kleinen Hunden Probleme gab, sagt Beate Brennauer, Sprecherin des Münchner Verkehrs- und Tarifverbunds.

Selbst der Maulkorbverkäufer ist dagegen

Auch in Köln sieht man "kein Sicherheitsrisiko". Dass es ausgerechnet in der Hundemetropole Berlin eines geben soll, kann Herbert Simiot vom Verband für das Deutsche Hundewesen nicht verstehen. Da die Regel erst kurz vor Weihnachten von den Behörden genehmigt wurde, könnten es gar nicht alle Hundebesitzer schaffen, pünktlich einen Beißschutz zu kaufen.

Maulkorbverkäufer Gerhardt wird sicher ein paarmal nachbestellen müssen. Doch obwohl er gut an der Beißschutz-Pflicht verdient, ist er dagegen. Denn Gerhardt ist Collie-Besitzer. Sein Hund muss jetzt auch mit Maulkorb herumlaufen.

© SZ vom 31.12.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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