Mindestens 130 Flüchtlinge sind bei einem Schiffbruch vor der italienischen Insel Lampedusa ertrunken. Unter den Opfern sind nach Angaben der italienischen Regierung drei Kinder und zwei schwangere Frauen. 151 Menschen hätten gerettet werden können. Mindestens 150 weitere Flüchtlinge wurden am Abend noch vermisst. Die Küstenwache hat wenig Hoffnung, sie lebend zu finden.
Das Boot mit etwa 500 Menschen an Bord hatte im Mittelmeer vor der Nachbarinsel Isola dei Conigli Feuer gefangen und war gekentert. Berichten zufolge sollen einige Flüchtlinge auf dem Schiff eine Decke angezündet haben, um dadurch ein Fischerboot in der Nähe auf sich aufmerksam zu machen.
Die Migranten stammen Medienberichten zufolge aus Eritrea und Somalia. Sie waren etwa zwölf Stunden vor dem Unglück an der libyschen Küste aufgebrochen.
"Es ist ein Horror", sagte Bürgermeisterin Giusi Nicolini nach dem zweiten Flüchtlingsdrama innerhalb weniger Tage. "Sie hören nicht auf, weitere Leichen zu bringen." Erst am Montag waren 13 Menschen vor der italienischen Küste ertrunken. Ihr Boot war vor Sizilien gestrandet.
Bilder von immer neuen Todesopfern, zusammenbrechenden Rettungskräften und unter Schock stehenden Überlebenden erschütterten das ganze Land. Ministerpräsident Enrico Letta beklagte "eine immense Tragödie", wichtige politische Termine in Rom wurden abgesagt. Innenminister Angelino Alfano will nach Lampedusa reisen. Der Untergang sei "ein europäisches Drama, nicht nur ein italienisches", sagte Alfano.
Auch EU-Regionalkommissar Johannes Hahn sieht das Unglück als europäische Angelegenheit an: "Es ist etwas, über das Europa wirklich traurig sein muss und wir sollten sehen, wie wir die Lage verbessern", sagte er. EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström reagierte entsetzt und forderte die Mitgliedstaaten über den Kurznachrichtendienst Twitter auf, "die Anstrengungen im Kampf gegen Schleuser, die menschliche Hoffnungslosigkeit ausbeuten, zu verdoppeln". Notwendig seien ein besserer Schutz von Migrantenrechten und mehr legale Möglichkeiten für Flüchtlinge, nach Europa zu kommen.
Papst Franziskus, der im Juli bei einem Besuch auf Lampedusa die Gleichgültigkeit gegenüber Flüchtlingen kritisiert hatte, sagte im Vatikan, dass schon wieder Flüchtlinge bei einem Schiffbruch ums Leben gekommen seien, könne nur als "Schande" bezeichnet werden. "Wir müssen uns zusammenschließen, damit diese Tragödien aufhören."
Die Staatsanwaltschaft eröffnete unterdessen ein Ermittlungsverfahren, einer der mutmaßlichen Schleuser wurde Medienberichten zufolge bereits festgenommen.
Kurz vor dem Unglück war ein Boot mit 463 Migranten vor Lampedusa angekommen. Wegen des guten Wetters versuchen zur Zeit besonders viele Menschen aus Afrika, in kaum seetauglichen Booten Europa zu erreichen. Insgesamt wurden seit Jahresbeginn in Italien mehr als 22.000 Bootsflüchtlinge gezählt - drei mal mehr als im gesamten Jahr 2012.