Kontrollen an Flughäfen:Mit geklauten Pässen um die Welt

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An Bord des verschwundenen Malaysia-Airlines-Flugs waren zwei Passagiere mit gestohlenen Pässen. Interpol kritisiert, dass Ausweise an Flughäfen nicht mit Fahndungslisten abgeglichen werden - auch in Deutschland gibt es keine systematischen Kontrollen.

Von Felicitas Kock

239 Menschen befanden sich an Bord der Malaysian-Airlines-Maschine, die am frühen Samstagmorgen auf dem Weg von Kuala Lumpur nach Peking verschwand. Noch immer ist unklar, was mit dem Flugzeug geschehen ist. Seit öffentlich wurde, dass mindestens zwei Passagiere mit gestohlenen Ausweispapieren an Bord waren, steht der Verdacht im Raum, es könnte sich um einen Terrorakt gehandelt haben.

Es ist zwar nicht nachgewiesen, dass die beiden Männer für das Verschwinden der Maschine verantwortlich sind, sagte der Generalsekretär der internationalen Polizeiorganisation Interpol, Ronald Noble. Trotzdem kritisierte er scharf, "dass überhaupt ein Passagier an Bord eines internationalen Fluges gelangen konnte, der einen in der Interpol-Datenbank als gestohlen verzeichneten Pass benutzt hat".

Die Grafik zeigt die Route des verschollenen Malaysia-Airlines-Flugzeugs. (Foto: SZ-Grafik: Hanna Eiden)

Weltweit gelten im Moment 39 Millionen Pässe als vermisst. Da nicht jeder Verlust auch gemeldet wird, dürfte die Dunkelziffer weitaus höher liegen. Gerade in Südostasien boomt der Handel mit gestohlenen Ausweispapieren. Die Papiere des Österreichers und des Italieners, die genutzt wurden, um auf den Malaysia-Airlines-Flug zu kommen, wurden ihren Besitzern in den Jahren 2012 und 2013 auf der thailändischen Ferieninsel Phuket gestohlen.

Internationale Vertretungen beschäftigen sich dort jedes Jahr hundertfach mit gestohlenen Ausweisen. "Gefälschte Pässe und Identitätsdiebstahl sind ein riesiges Problem in Thailand", zitiert die Nachrichtenagentur Reuters den örtlichen Polizeisprecher Apichart Suriboonya. Die geklauten Ausweise werden demnach oft an Mittelsmänner weitergegeben, die sie dann an kriminelle Gruppierungen verkaufen. Manchmal würden die Ausweise dazu noch mit neuen Fotos versehen. Mitunter werden die gestohlenen Papiere auch von illegalen Einwanderern zur Einreise genutzt.

"Im vergangenen Jahr konnten Passagiere mehr als eine Milliarde mal an Bord eines Flugzeuges gehen, ohne dass ihre Pässe mit der Interpol-Datenbank abgeglichen wurden", heißt es in einer Mitteilung der Polizeiorganisation. Die "Stolen and Lost Travel Documents"-Datenbank, kurz SLTD, wurde nach den Anschlägen vom 11. September 2001 geschaffen, um Kriminellen den Umgang mit gestohlenen Papieren zu erschweren.

Nur Stichproben möglich

Auch an deutschen Flughäfen wird bei weitem nicht jeder Ausweis mit einer Fahndungs-Datenbank gegengecheckt. Wer innerhalb des Schengenraums reist, wird grundsätzlich nicht kontrolliert. Und auch für Flüge außerhalb des Gebiets "ist bei EU-Bürgern eine systematische Überprüfung rein rechtlich unzulässig", sagt Matthias Knott, Sprecher der Bundespolizei am Münchner Flughafen. Die Vorgabe soll gewährleisten, dass keine verdeckten Grenzkontrollen stattfinden. So werden zwar sämtliche Passagiere einer Mindestkontrolle unterzogen - die Gültigkeit des Ausweises und das Lichtbild überprüft - doch ob der Reisende zur Fahndung ausgeschrieben sei, könne bei EU-Bürgern nur stichprobenartig kontrolliert werden. Auch bei den Papieren gebe es deshalb lediglich sporadische Kontrollen.

Einwohner von Drittstaaten werden eingehender überprüft, ihre Daten werden systematisch mit den Fahndungslisten abgeglichen. Bei der Ausreise werde außerdem darauf geschaut, wie lange sich die Person im Land aufgehalten habe und ob sie bestimmte Aufenthaltszeiten überschritten habe, sagt Knott. Bei der Einreise werde kontrolliert, ob Visa rechtmäßig zustandegekommen seien.

Zwischen 500 und 600 gefälschte Ausweise im Jahr

Die Beamten der Bundespolizei werden extra dafür ausgebildet, gefälschte oder gestohlene Dokumente zu erkennen - was auch deshalb nicht ganz einfach ist, weil sich sowohl die Ausweise als auch die Fälschungen immer wieder ändern. "Früher wurden manchmal nur die Lichtbilder ausgetauscht, jetzt gibt es hochauflösende Scanner, Laserdrucker und vieles mehr", sagt Knott. Immer wieder seien auch unveränderte Pässe im Spiel, die dann von Personen genutzt werden, die dem eigentlichen Besitzer tatsächlich ähnlich sehen. "Unser Personal ist natürlich darauf trainiert, das zu erkennen", sagt Knott. Manche Gesichtsmerkmale, wie etwa die Lippenform, würden sich nicht verändern, egal ob ein Mensch Gewicht zu- oder abnehme oder ein paar Jahre gealtert sei.

Zwischen 500 und 600 gefälschte Ausweise beschlagnahmt die Bundespolizei am Münchner Flughafen jedes Jahr. Ob dennoch immer wieder Menschen mit den falschen Papieren an Bord gelangen? "Das kann ich nicht einschätzen", sagt Knott. Er könne nur versichern, dass die Grenzkontrollen in München "auf sehr hohem Niveau" seien.

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