Politik:Halles suspendierter OB mit Teilerfolg in Impfaffäre

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Halles Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) nach seiner Aussage vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Landtag in Magdeburg. (Foto: Ronny Hartmann/dpa-Zentralbild/dpa/Archivbild)

Die Causa Wiegand nimmt wieder Fahrt auf. Während das Landgericht den Oberbürgermeister in der Impfaffäre entlastet, stellt das Landesverwaltungsamt weitere Dienstvergehen in den Raum. Der suspendierte OB aber drängt zurück ins Amt.

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Halle (dpa/sa) - Das Landgericht wird vorerst keinen Prozess gegen Halles suspendierten Oberbürgermeister, Bernd Wiegand (parteilos), führen. Das Gericht lehne die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen den Oberbürgermeister und dessen Büroleiterin wegen angeblicher Manipulationen bei der Impfreihenfolge im Rahmen von Corona-Impfungen ab, sagte ein Sprecher des Gerichtes am Freitag.

Die große Strafkammer kam zu dem Schluss, dass die ihm zur Last gelegten Sachverhalte keinen Straftatbestand erfüllten, erklärte der Sprecher. Die beiden Beschuldigten sollen den Leiter des Impfzentrums im Januar 2021 angewiesen haben, mehrere Mitglieder der Stadtverwaltung ohne Rücksicht auf die damals geltende Impfreihenfolge zu impfen. Darauf begründete sich unter anderem der Vorwurf der veruntreuenden Unterschlagung gegen Wiegand. Wiegand war außerdem die Fälschung beweiserheblicher Daten vorgeworfen worden.

„Veruntreuende Unterschlagung ist ein Eigentumsdelikt und setzt voraus, dass der Täter sich oder einem Dritten eine Sache in rechtswidriger Weise zueignet“, erklärte der Sprecher des Landgerichts die Entscheidung. Eine Eigentumsverletzungshandlung im Sinne einer rechtswidrigen Zueignung einzelner Impfdosen sei bei den Vorfällen rund um Wiegands Impfung und anderer Mitarbeiter nicht zu erblicken.

Die Entscheidung ist ein Teilerfolg für den suspendierten Oberbürgermeister der Saalestadt. Allerdings hat die Staatsanwaltschaft Halle laut Medienberichten bereits Beschwerde gegen die Beurteilung des Landgerichtes beim Oberlandesgericht in Naumburg eingelegt.

Auf Wiegands Etappensieg folgte kurz darauf der nächste Nackenschlag für den suspendierten OB: Das Landesverwaltungsamt hat das Disziplinarverfahren gegen ihn ausgeweitet. Er stehe im Verdacht durch weitere „Handlungen ein Dienstvergehen begangen zu haben“, heißt es in einem Schreiben des Landesverwaltungsamtes an den Stadtrat, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Wiegand werden bewusst wahrheitswidrige Aussagen vor dem Landgericht vorgeworfen. Außerdem soll er dienstliche Ressourcen für private Zwecke genutzt haben.

Trotz der neuerlichen Vorwürfe drängt Wiegand zurück ins Amt. Er erwarte vom Präsidenten des Landesverwaltungsamtes, dass dieser die „nun gegenstandslos gewordene vorläufige Suspendierung unverzüglich“ aufhebe, sagte Wiegand am Freitag mit Bezug auf die Entscheidung des Landgerichts. Sein Vertreter - Bürgermeister Egbert Geier (SPD) - nahm laut Stadtverwaltung die Entscheidung des Landgerichts „zur Kenntnis“. Mehr wollte Geier zunächst nicht sagen.

„Eine unmittelbare Auswirkung auf das Disziplinarverfahren und die Suspendierung entfaltet die Entscheidung (des Landgerichts) zunächst nicht“, sagte eine Sprecherin des Landesverwaltungsamtes. Die dienstrechtliche Beurteilung bemesse „sich an abweichenden Pflichten, die nicht ohne weiteres mit einem strafrechtlich sanktionierten Verhalten gleichzusetzen sind“.

„Die Suspendierung durch den Stadtrat erfolgte damals ausschließlich auf disziplinarrechtlicher beziehungsweise beamtenrechtlicher Grundlage“, sagte die Stadtratsvorsitzende Katja Müller (Linke). Strafrecht liege nicht in der Zuständigkeit des Stadtrates noch des Landesverwaltungsamtes. „Fakt ist, dass der tiefe Vertrauensbruch zwischen Stadtrat und OB (...) nicht auf einem strafrechtlich relevanten Vergehen des OB beruhte.“

Auch Stadtrat Torsten Schaper (FDP) sprach von zwei völlig unterschiedlichen Strängen. Zudem sei auch ein moralischer Aspekt bei der Betrachtung der Causa Wiegand grundlegend. Die FDP-Fraktion würde die beschlossene Suspendierung Wiegands auch vor dem Hintergrund der aktuellen Landgerichtsentscheidung wieder so treffen, betonte Schaper.

Wiegand war wegen seiner vorzeitigen Corona-Impfung 2021 massiv in die Kritik geraten. Im Rahmen der Aufklärung kam der OB ins Straucheln, verwickelte sich in Widersprüche und wurde schließlich durch den Stadtrat suspendiert. Es folgten ein Disziplinarverfahren und staatsanwaltschaftliche Ermittlungen.

© dpa-infocom, dpa:230303-99-816114/4

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