Köln: Suche nach Khalil G.:Seine Börse, seine Jacke

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Die Hoffnung schwindet: Nachdem der 17-jährige Kevin tot geborgen wurde, haben die Helfer nun auch eine erste Spur zum zweiten Vermissten.

Bei der Suche nach dem zweiten Vermissten unter den Trümmern des Kölner Stadtarchivs haben Einsatzkräfte die Geldbörse und die Jacke des gesuchten 24-Jährigen entdeckt. Die beiden Fundstücke lagen an zwei verschiedenen Stellen am Unglücksort, teilte die Stadt mit. Nach dem Studenten Khalil G. selbst wurde weiter gesucht. Die Leichenspürhunde schlugen zunächst nicht mehr an.

Zum Teil mit bloßen Händen sucht die Feuerwehr nach dem zweiten Vermissten in den Trümmern von Köln. (Foto: Foto: ddp)

Am Unglücksort sehen sich die Einsatzkräfte auch fast eine Woche nach dem Einsturz weiter vor einer Mammutaufgabe. Etwa 140 Einsatzkräfte graben teilweise mit den Händen nach dem zweiten Vermissten. Es besteht kaum noch Hoffnung, den jungen Mann lebend zu finden.

In der Nacht zum Sonntag hatten Einsatzkräfte einen 17-jährigen Mann tot geborgen, der im hinteren Dachgeschoss eines der beiden ebenfalls eingestürzten Wohnhäuser gewohnt hatte. Er war nach ersten Erkenntnissen im Schlaf 15 Meter in die Tiefe gerissen worden und wohl sofort gestorben.

Mit dem Einsturz des Archivgebäudes hatten die Bewohner der beiden mit hinabgerissenen Nachbarhäuser und auch weitere Anwohner ihre Wohnungen verloren. Am Montagvormittag rollte ein Speditionswagen an, um Hab und Gut der Betroffenen aus der Gefahrenzone abzutransportieren. Familien räumten mit Hilfe von Feuerwehrleuten eilig Besitztümer aus den Wohnungen eines Hauses. "Das Erdgeschoss ist freigeräumt, wir holen alles raus", sagte ein Feuerwehr-Sprecher.

Ein Statiker war vor Ort, um den Stand des Hauses zu überprüfen. Die Stadt teilte mit, dass die ersten zehn Kölner am Sonntag in bereitgestellte neue Wohnung einziehen konnten. Zudem seien von Privatleuten mehr als 100 Wohnungen angeboten worden für Betroffene, die zum Teil alles verloren haben. Die Hilfsbereitschaft sei groß, sagte eine Stadt-Sprecherin.

Ein angrenzendes Gymnasium mit 1000 Schülern, das vorübergehend als einsturzgefährdet galt, sei nun doch "absolut sicher", sagte der Feuerwehr-Sprecher nach umfassenden Prüfungen durch Experten. Für die ausquartieren Schüler begann am Montag der Unterricht an anderen Orten im Stadtgebiet, für voraussichtlich mehrere Monate.

Das bedeutende Historische Archiv der Stadt Köln und die beiden Nachbarhäuser waren am vergangenen Dienstag vermutlich infolge des U-Bahn-Baus eingestürzt. Vor allem die Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) stehen in der Kritik. Vorstandssprecher Jürgen Fenske hatte sich bei den Angehörigen des Opfers und allen Betroffenen entschuldigt. Fehler räumte das Unternehmen aber nicht ein.

Auch mit Blick auf die laufenden Ermittlungen machten die KVB keine Angaben zu Vorwürfen von externen Fachleuten, die von Versäumnissen und Schlamperei sprachen. Medienberichten zufolge wussten KVB und Baufirmen seit längerem von ernsthaften Problemen bei der Grundwasser-Ableitung in Archiv-Nähe. Die Staatsanwaltschaft ermittelt seit dem Fund der Leiche auch wegen fahrlässiger Tötung gegen Unbekannt und hat mehrere Gutachter eingesetzt.

Die Suche nach den beiden Vermissten war auch wegen der Gefahr eines neues Erdrutsches erst drei Tag nach dem Unglück angelaufen. Die Rettung von wertvollem Archivgut hatte dagegen schon Stunden nach dem Einsturz begonnen. Daher war bei Anwohnern und Betroffenen auch Unmut laut geworden. Die Feuerwehr verteidigte ihr Vorgehen mit Hinweis auf die Sicherheit der Einsatzkräfte. Insgesamt seien 1000 hauptamtliche und 1000 ehrenamtliche Kräfte an der Unglücksstelle im Einsatz.

© dpa/hai/gba - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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