Katastrophenschutz:„Knotenpunkt“: Neues Lagezentrum startet bald

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Ein Lagezentrum in Koblenz soll künftig der Mittelpunkt des rheinland-pfälzischen Katastrophenschutzes sein. Der Betrieb soll bereits zum Sommerende stufenweise losgehen. Wie läuft die Arbeit dort ab?

von Mona Wenisch, dpa

Koblenz (dpa/lrs) - Wo treten Flüsse über die Ufer, wo brennt ein Wald, und wo kommt das nächste Gewitter runter? Daten zu all diesen Fragen werden künftig im neuen, rund um die Uhr besetzten Lagezentrum für Bevölkerungsschutz gesammelt. Es soll Ende des Sommers schrittweise an den Start gehen. „Den Echtbetrieb, den nehmen wir nach der Sommerpause Stück für Stück auf, bis hin zu dem voll funktionsfähigen, rund um die Uhr dann tätigen, Dienst im neuen Jahr“, sagte der rheinland-pfälzische Innenminister Michael Ebling (SPD) am Donnerstag bei einem Besuch auf der Baustelle in Koblenz.

Das neue Lagezentrum ist ein wichtiger Bestandteil bei der Neuaufstellung des Katastrophenschutzes im Land. Aus dem Raum in Koblenz heraus sollen künftig die Lage in Rheinland-Pfalz beobachtet und die Katastrophen des Landes gemanagt werden.

Was genau ist geplant?

Zu Beginn des kommenden Jahres soll ein neues Landesamt für Bevölkerungsschutz die Arbeit aufnehmen, das Lagezentrum ist ein wichtiger Bestandteil davon. „Wir brauchen, als ein Herzstück, ein 24 Stunden, sieben Tage die Woche besetztes Lagezentrum Bevölkerungsschutz, weil wir selbst einen Überblick haben wollen, zu dem, was da läuft, in der Welt aber auch mit Fokus auf Rheinland-Pfalz“, sagte der Minister.

Der Bau habe „deutlich über zwei Millionen Euro“ gekostet, sagte Ebling. Das Lagezentrum stehe nun kurz vor der technischen Inbetriebnahme. Am Donnerstag waren bereits mehrere Arbeitsplätze mit großen Bildschirmen zu sehen. Auf weiteren Bildschirmen an der Wand wurden beispielhaft Daten, etwa zum Wetter und verfügbaren Einsatzkräften, angezeigt. „Wir beginnen schon mit der Qualifizierung der Mitarbeitenden, die haben wir auch schon neu eingestellt, es werden auch noch weitere Einstellungen laufen“, sagte Ebling.

Am Donnerstag unterzeichnete Ebling zudem eine Kooperationsvereinigung mit dem Präsidenten des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), Ralph Tiesler. „Wir wollen mit dem BBK eine bessere Kooperation, wenn es um Ausbildung geht, wenn es auch um Austausch von Fachwissen geht“, sagte Ebling.

Wieso wird der Katastrophenschutz neu organisiert?

Die Landesregierung hatte 2022 entschieden, den Katastrophenschutz im Land neu aufzustellen. Ein wichtiger Grund dafür war die Flutkatastrophe im Sommer 2021 mit 136 Toten, 135 davon in der Ahr-Region und ein Mensch im Raum Trier.

Die Hochwasserkatastrophe an der Ahr habe vor Augen geführt, dass Katastrophen auch bei uns eintreten können, sagte Ebling. „Aber wir wissen inzwischen auch, wir werden täglich angegriffen, zum Beispiel vom russischen Staatsgebiet auf unsere Cyberinfrastrukturen“, erklärte er. „Wir erleben inzwischen wieder durch einen Krieg in Europa, dass Fragen des Zivilschutzes auf der Tagesordnung sind.“

Dieses Lagezentrum sei etwa Neues und Besonderes, sagte BBK-Präsident Tiesler. Es gebe dadurch für das BBK bei der Bewältigung von Krisen einen direkten Ansprechpartner. „Das ist sinnvoll und wünsche ich mir natürlich auch von den anderen Bundesländern so.“

Was genau ist die Aufgabe des Lagezentrums?

„Hier ist es uns möglich, die Lage tatsächlich aktiv zu beobachten in Rheinland-Pfalz“, sagte Kirstin Eisenhauer, Brand- und Katastrophenschutzinspekteurin des Landes, am Donnerstag in den Räumen des Lagezentrums. „Unsere Integrierten Leitstellen sind unsere ersten Datenquellen“, erklärte sie. „Aber dann auch Wetterdaten zum Beispiel, unterschiedliche Pegelstände, Auslastungen von Bettenbelegungen in Krankenhäuser.“

Rund um die Uhr sollen in dem Lagezentrum zwei Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen die Situation im Bundesland beobachten. „Wir sind hier aber nicht nur der Informationssammler, wir sind aber auch der Knotenpunkt“, sagte Eisenhauer. Sie seien somit auch Ansprechpartner für die Bundesebene und andere Aufgabenträger, etwa in den Landkreisen. „Wir haben einen Überblick über Einheiten, die wir hauptsächlich im Bereich Katastrophenschutz landesweit zur Verfügung haben.“

Wie läuft das im konkreten Katastrophenfall ab?

Sollte sich bei der Beobachtung tatsächlich eine Gefahrenlage oder ein Katastrophenfall herauskristallisieren, kann das Lagezentrum in unterschiedlichen Stufen reagieren. Ein „eskalierendes System“ nennt Eisenhauer das. Zunächst kann in einem direkt angrenzendem Raum ein kleiner Stab zusammenkommen, um über erste Maßnahmen zu beraten und zu entscheiden. „Und dann, wenn wir feststellen, die Lage wird noch größer, es wird noch länger dauern, dann gehen wir in die Stabsräume runter.“

Die Stabsräume sind nur wenige Schritte entfernt. Über ein paar Treppenstufen gelangt man in eine große Halle. Dort grenzen Stellwände einzelne Räume und Bereiche ab. Auch hier hängen riesige Bildschirme an der hohen Wand, in der Mitte stehen Tische und Stühle in einem U zusammen. Von diesen Plätzen aus sollen in Zukunft die Einsätze und Maßnahmen bei großen Katastrophen koordiniert werden.

Was hat das mit dem Leben der Bürgerinnen und Bürger zu tun?

Katastrophen könnten ohne die Bürgerinnen und Bürger nicht bewältigt werden, betonte Ebling. Man könne den Menschen keine tausendprozentige Sicherheit geben, sagte er. Daher müssten sich Bürgerinnen und Bürger stärker auf Katastrophenfälle vorbereiten.

Das rheinland-pfälzische Innenministerium startete dazu am Donnerstag die Kampagne „Bleib bereit“. Auf der dazugehörigen Homepage gibt es etwa Informationen zur Vorsorge, zu einem Notfallrucksack, zu Verhaltensregeln in Gefahrensituationen und zu Warnapps. Ab dem Sommer soll zudem ein Infomobil durch Rheinland-Pfalz fahren.

© dpa-infocom, dpa:240502-99-889962/3

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