Justizsystem in den USA:Anteil der schwarzen Staatsanwälte? Null

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  • In den Staatsanwaltschaften der USA sind Schwarze dramatisch unterrepäsentiert.
  • Weniger als fünf Prozent der leitenden Staatsanwälte auf Bezirks- und Bundesstaatsebene sind Afroamerikaner. Das hat eine Studie ergeben, über die die New York Times berichtet hat.
  • Während der Anteil der Schwarzen bei der Polizei langsam steigt, gibt es diese Entwicklung unter den Staatsanwälten nicht, sagen Experten.

Kaum Schwarze bei US-Staatsanwaltschaften

Als in der US-Kleinstadt Ferguson der junge Afroamerikaner Michael Brown erschossen wurde und es daraufhin landesweit Proteste gegen Gewalt und Rassismus bei Amerikas Polizei gab, da wurde häufig auf das Missverhältnis zwischen schwarzer Bevölkerungsmehrheit und mehrheitlich weißer Polizei hingewiesen.

In Ferguson waren damals, im August 2014, nur drei von 53 Polizisten schwarz, obwohl der Anteil der Schwarzen an der Bevölkerung etwa 70 Prozent beträgt. Eine Untersuchung des US-Justzministeriums hatte außerdem ergeben, dass Schwarze von der Polizei auch signifikant öfter kontrolliert, zu einer Befragung vorgeladen oder für Kleinstvergehen bestraft werden. Eine ähnliche systemische Diskriminierung gibt es - das legen offizielle Zahlen nahe - auch in anderen Bundesstaaten.

Allerdings lag der Fokus in der Diskussion meist auf der Polizei. Dass die schwarze Bevölkerung auch im Justizsystem dramatisch unterrepräsentiert ist, wurde bisher nur am Rande thematisiert. Jetzt hat die New York Times über eine Studie berichtet, die Zahlen zur ethnischen Zusammensetzung der Staatsanwaltschaften in den USA liefert.

Demnach waren zum Zeitpunkt der Untersuchung im Sommer 2014 etwa 95 Prozent der mehr als 2400 gewählten Staatsanwälte auf Bundesstaats- und Bezirksebene weiß. Der Anteil der weißen Männer in dieser Gruppe beträgt 79 Prozent. Zum Vergleich: Der Anteil weißer Männer an der Gesamtbevölkerung in den USA liegt nur bei 31 Prozent.

Auch Frauen sind dramatisch unterrepräsentiert

Die Staatsanwälte auf der Ebene der Bundesstaaten, der Städte und der Countys (Bezirke) werden in den USA meist von der Bevölkerung gewählt, in einigen wenigen Bundesstaaten auch ernannt. Sie sind für die Verfolgung von Straftaten in ihrem Geschäftsbereich zuständig, entscheiden also darüber, ob Anklage erhoben wird oder nicht und haben im Justizsystem deshalb eine wichtige Stellung inne. Häufig sind den District Attorneys oder County Attorneys - in den USA gibt es je nach Bundesstaat viele unterschieldiche Bezeichnungen für dieses Amt - weitere Staatsanwälte untergeordnet.

Die Untersuchung hat ergeben, dass es in zwei Drittel der Bundesstaaten überhaupt keinen einzigen Afroamerikaner unter den leitenden Staatsanwälten gibt. Im Bundesstaat Missouri, wo mehr als 100 gewählte Bezirksstaatsanwälte im Amt sind, sei nur ein einziger Afroamerikaner vertreten.

Auch Frauen sind dramatisch unterrepräsentiert: 16 Prozent aller gewählten leitenden Staatsanwälte waren weiße Frauen. Der Anteil der Frauen, die afroamerikanerisch, lateinamerikanischer oder anderer nichtweißer Abstammung sind, lag sogar bei nur einem Prozent.

Hinter der Studie steht das Woman Donors Network, eine Organisation, die sich für mehr Diversität in öffentlichen Ämtern einsetzt. "Wir haben ein Justizsystem, in dem die Macht und ein großer Ermessensspielraum allein in den Händen einer demografischen Gruppe liegt", sagt Brenda Carter, die die Studie geleitet hat.

Schwarze Juristen scheuen eine Position als Strafverteidiger

Während der Anteil der Afroamerikaner in Bürgermeisterämtern und bei der Polizei Experten zufolge in den vergangenen Jahren gestiegen ist, gibt es diese Entwicklung bei den Staatsanwälten nicht. In dem Text der New York Times werden dafür zwei Gründe genannt: Einerseits seien die gewählten Staatsanwälte oft über einen sehr langen Zeitraum im Amt und es dauert deshalb sehr lange, bis sich eine eventuell gestiegene Diversität niederschlägt. Andererseits gelte gerade die Rolle des Staatsanwalts in der schwarzen Community als stigmatisiert. Schwarze Juristen arbeiteten lieber als Anwalt und scheuten eine Position als Strafverfolger.

Die Studie des Woman Donors Network hat allerdings nur quantitativ die ethische Verteilung bei den Staatsanwaltschaften erfasst. Über die Motivation schwarzer Jurastudenten und über die Rekrutierungsmechanismen liefert sie keine Erkenntnisse.

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