Justiz:Diplomatische Dienste

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Eine Hausangestellte klagt gegen eine ghanaische Botschaftsrätin - wegen Arbeitsausbeutung.

Von Kristiana Ludwig, Berlin

An ihrem Arbeitsplatz teilte sich Akosua Asabea ein Bett mit einer Vierjährigen. Asabea sollte die Kinder hüten, also blieb sie vier Jahre lang im Kinderzimmer. Akusua Asabea war Hausangestellte in der Wohnung einer ghanaischen Botschaftsrätin. Nun hat sie Klage beim Arbeitsgericht eingereicht. Die Geschichte, die sie erzählt, klingt nicht nach einer Anstellung, sondern eher nach dem Dasein einer Dienerin.

Als Asabea in Ghana in ein Flugzeug stieg, glaubte sie, dass sie in Berlin etwa 800 Euro im Monat verdienen würde, so stand es in ihrem Vertrag. Tatsächlich, sagt sie, habe sie in manchen Monaten nur 20 Euro bekommen, obwohl sie an sieben Tagen in der Woche ab 6.20 Uhr und oft bis Mitternacht gearbeitet habe. Ihre Chefin habe ihr den Pass abgenommen und ihr nicht erlaubt, zum Arzt zu gehen. Asabea kochte Bohnen und Maisbrei für die Botschaftsmitarbeiter und für Gäste. Den Lohn für ihre Dienste habe die Botschaftsrätin zwar auf ein Konto überwiesen - doch Asabea sagt, sie habe die Kontokarte nie bekommen. "Du bist dumm", habe die Diplomatin stattdessen gesagt. Zu dumm, um einen Geldautomaten zu bedienen.

Von der deutschen Polizei konnte Asabea allerdings keine Hilfe erwarten. Diplomaten genießen Immunität, zivil- und strafrechtliche Verfahren gegen sie sind nicht möglich. Bis zu 150 Hausangestellte werden laut der Berliner Beratungsstelle gegen Menschenhandel Ban Ying jedes Jahr in Privathaushalten von Diplomaten angemeldet. Zwar verschickt das Auswärtige Amt längst Muster-Arbeitsverträge an die Botschaften, in denen etwa eine 38,5-Stunden-Woche und ein eigenes Zimmer vorgeschrieben sind. Doch die Immunität verhindert, dass die Bundesregierung Diplomaten zu gutem Umgang zwingen kann. Zugleich untersagt sie den Angestellten, ihren Arbeitgeber zu wechseln oder eine eigene Wohnung zu nehmen.

Laut Ban Ying melden sich pro Jahr zehn bis 15 Angestellte, weil sie sich unterbezahlt oder schlecht behandelt fühlen. Die Dunkelziffer sei hoch. Aus dem Auswärtigen Amt heißt es, derzeit sei man mit "drei weiteren Fällen befasst".

Akosua Asabea hofft nun, dass das Botschaftspersonal bald zurück nach Ghana reisen muss. Mit dem Ende des Diplomatendienstes würde auch ihre Immunität vergehen. Ähnlich kam bereits eine Indonesierin nach langem Streit an ihren Lohn: Ein Ex-Attaché aus Saudi-Arabien zahlte ihr 35 000 Euro.

Asabea ist 52. Sie ist eine kleine Frau, die Perücken und lange Ohrringe trägt. Ihre Kinder sind erwachsen, ihre Mutter war krank, bevor sie starb. Das Geld, das Asabea in Berlin verdiente, wollte sie ihrer Familie schicken. "Ich will nicht darauf verzichten", sagt sie. Asabea kann weder lesen noch schreiben. Denn statt zur Schule zu gehen, war sie mit zehn bereits Haushälterin und kümmerte sich schon damals um die Botschaftsrätin. Ohne Ausbildung arbeitete Asabea ihr Leben lang für diese Familie. Heute benutzt sie einen falschen Namen und versteckt sich in einer Berliner Wohnung. Sie hat Angst, zurückzukehren. Die Diplomatin sei einflussreich, sagt sie. Die Botschaft äußerte sich auf SZ-Anfrage nicht.

© SZ vom 13.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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