Jackson: Gerichtsmedizin klärt Todesursache:Tödlicher Cocktail

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Der Popstar Michael Jackson ist nach Angaben der Gerichtsmediziner an einer Überdosis Propofol gestorben - gegen Leibarzt Murray wird wegen eines Tötungsdelikts ermittelt.

Jörg Häntzschel

Am 25. Juni um 1.30 Uhr gab Dr.Conrad Murray Michael Jackson exakt zehn Milligramm Valium. Um zwei Uhr spritzte er ihm zwei Milligramm des Angstlösers Lorazepam. Um drei Uhr gab er ihm das Sedativum Midazolam. Um fünf Uhr wieder zwei Milligramm Lorazepam. Und um 7.30 Uhr zwei weitere Milligramm Midazolam.

Michael Jacksons Privatarzt: Gegen Conrad Murray wurde noch keine Anklage erhoben, aber wegen eines Tötungsdelikts ermittelt. (Foto: Foto: Reuters)

Doch Michael Jackson konnte nicht schlafen. Er wollte seine "Milch", die weißliche Lösung mit dem Anästhetikum Propofol, mit dem ihn Murray sechs Wochen lang jede Nacht narkotisiert hatte. Um 10.40 Uhr legte Dr. Conrad Murray schließlich die Infusion. Als er gegen elfUhr nach kurzer Abwesenheit zurück in Jacksons Schlafzimmer kam, hatte dieser bereits aufgehört zu atmen. Das starke Mittel, das legal nur in Krankenhäusern und mit entsprechender Überwachung verabreicht werden darf, wurde in "tödlicher Konzentration" in Jacksons Blut gefunden und verursachte im Zusammenspiel mit den diversen zuvor gespritzten Medikamenten dessen Tod.

Das ist einem 32-seitigen Dokument zu entnehmen, das CNN und Los Angeles Times am Montag veröffentlicht haben. Es enthält neben dem vorläufigen gerichtsmedizinischen Befund auch eine detaillierte Chronologie der Ereignisse vor und unmittelbar nach Jacksons Tod sowie die Aussagen, die Murray in einem dreistündigen Verhör zwei Tage nach Jacksons Tod bei der Polizei gemacht hatte. Diese Dokumente bilden die Basis der Ermittlungen gegen Murray, der von der Polizei angeblich des Totschlags oder, so heißt es in verschieden amerikanischen Medien, des Mords verdächtigt wird.

Sie bestätigen auch die seit dem Tod kolportierten Berichte von Murrays fahrlässigem Verhalten unmittelbar nachdem Jackson das Bewusstsein verloren hatte: Statt den Notarzt zu rufen, versuchte Murray 82 Minuten lang vergeblich, Jackson auf eigene Faust ins Leben zurückzuholen: mit nicht korrekt ausgeführten Wiederbelebungsversuchen sowie einer Dosis Flumazenil, das die Wirkung mancher Narkosemittel aufhebt. 47 Minuten davon verbrachte er am Telefon. Als die Ambulanz schließlich eintraf, verschwieg er das Propofol. Auch im Krankenhaus erwähnte er es nicht.

Murray sagte der Polizei, er habe Jackson sechs Wochen lang jede Nacht 50 Milligramm Propofol gegeben. Aus Sorge, dieser würde abhängig von dem gefährlichen Narkosemittel, habe er die Dosis in den Tagen vor dem Tod auf 25 Milligramm reduziert und mit zwei anderen Beruhigungsmitteln kombiniert. Am 23.Juni schlief Jackson lediglich mit einer Dosis dieser beiden Mittel ein. Nachdem das aber am Tag seines Todes nicht funktioniert hatte, gab Murray dem Drängen Jacksons nach und gab ihm ein weiteres Mal die 25 Milligramm. Diese, so befanden Mediziner, hätten allein wohl nicht ausgereicht, den Tod herbeizuführen. Im Zusammenspiel mit den zuvor gegebenen Beruhigungsmitteln, die unter anderem die Atmung verlangsamen, war die Propofol-Dosis allerdings tödlich.

Murrays Anwalt Edward Chernoff, monierte an dem Bericht nur Einzelheiten und verteidigte seinen Klienten mit vagen Worten: "Michael Jackson war kein üblicher Patient mit üblichen Problemen in üblichen Umständen. Dr. Murrays Ziel war, ihm zu helfen. ... Ihn der Fahrlässigkeit zu bezichtigen, bloß weil er während des Todes anwesend war, ist nicht fair."

Dr. Conrad Murray, dessen Monatshonorar 150000 Dollar betrug, war auf Jacksons ausdrücklichen Wunsch von dem Veranstalter der 50 Konzerte, die Jackson in London geben sollte, engagiert worden. Er war allerdings nicht der erste Arzt, der Jackson an den Propofol-Tropf hängte, und er hatte das Mittel auch nicht selbst besorgt. Es stammte offenbar unter anderem von zwei Ärzten in Deutschland, die Jacksons Schlaflosigkeit schon zuvor damit behoben hatten. Auch zwei andere Ärzte Jacksons, Allan Metzger und Arnold Klein, sollen Jackson mit Medikamenten versorgt haben. Jackson wird am 3. September, mehr als zwei Monate nach seinem Tod, in Los Angeles beerdigt.

© SZ vom 26.08.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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