Starkregen und Gewitter:Italien kämpft mit den Folgen des Unwetters

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Acqua Alta sind sie in Venedig gewöhnt. Doch dieses Mal ist das Unwetter schlimmer als sonst. (Foto: Miguel Medina/AFP)
  • Nach schweren Gewittern und Starkregenfällen sind in Italien neun Menschen ums Leben gekommen.
  • Nahezu das ganze Land ist von dem Unwetter erfasst.
  • In Venedig wurde der Markusplatz evakuiert. Nahe Rom und in Neapel wurden mehrere Menschen in ihren Autos von umstürzenden Bäumen erschlagen.

Von Oliver Meiler, Rom

Normalerweise ist es so, dass das Wetter in Italien stark variiert von Nord nach Süd. Zwischen dem Brenner und der südlichen Spitze Siziliens liegen ja auch etwa 1500 Kilometer. Das sind Welten, auch meteorologisch. Für ihre Prognosen teilen die Wettermoderatoren im Fernsehen das lang gezogene Land normalerweise in vier Großzonen, mit meist sehr unterschiedlichen Werten und Witterungen. Derzeit aber ist nichts normal. Wer am Montag das italienische Fernsehen einschaltete, sah da Wetterkarten, die fast ganz in Rottönen gehalten waren.

Rot steht für Alarm - für extremen Starkregen, Hagel, Blitz und Donner, Windböen von mehr als 100 Stundenkilometern. Ganz Italien befindet sich in diesem Tagen im Schlund eines großen Tiefdruckgebiets mit Zentrum über dem Ligurischen Meer. Besonders der Nordosten Italiens ist betroffen. Wegen Erdrutschen und einsturzgefährdeten Masten musste in Südtirol mehrmals die Brennerautobahn A22 gesperrt werden. Der Zivilschutz rief dort die höchste Alarmstufe aus. Genauso wie in Genua. In der geomorphologisch schwierigen und unvernünftig verbauten Hauptstadt Liguriens kann jedes Unwetter fatale Folgen haben. Der Fluss Polcevera, traurig weltberühmt seit dem Einsturz des Ponte Morandi Mitte August, drohte, über die Ufer zu treten.

Wurde in Italien jahrzehntelang zu sorglos gebaut?

Der Rest des Landes war in den Wetterkarten hellrot bis orange gefärbt. Die Meere, sowohl das tyrrhenische wie das adriatische, waren so bewegt, dass die Wellen bis zu sechs Meter Höhe erreichten. Im kalabrischen Crotone wurden vier Männer, die ein vom Unwetter zerstörtes Rohr reparieren wollten, von Schlammmassen überrascht und getötet. Beim Hafen von Catanzaro, ebenfalls in Kalabrien, fand die Feuerwehr einen Toten, nachdem ein Segelboot weggerissen worden war. Auf der Insel Elba brach eine Brücke auseinander, im apulischen Manduria löste sich eine Kirchenfassade. In und um Rom sowie in Neapel starben vier Menschen, weil sie in ihren Autos von einstürzenden Bäumen erschlagen wurden.

In zahlreichen Städten blieben die Schulen geschlossen. Natürlich wird jetzt diskutiert, ob die Unwetter deshalb so verheerend sind, weil die Italiener zu sorglos gebaut haben über die Jahrzehnte, Flussbette verengten, Wälder opferten, Hänge zubetonierten, und deshalb nun den Launen der Natur und der Erderwärmung stärker ausgesetzt sind als die Bewohner anderer Länder mit präventiver denkenden Behörden. Den Wetterexperten zufolge kommen in diesem Fall tatsächlich ungewöhnlich viele, sehr spezielle Umstände zusammen, gerade im Hinterland des Veneto. Der Scirocco, ein Südwind, trieb viel feuchte Luft vom Meer zu den Bergen, wo sie sich in unerhört starken Regengüssen entlud. Dazu wirkten sich durch den Vollmond die Gezeiten stärker aus. In Venedig jedenfalls, das regelmäßig von "Acqua alta" geplagt wird, wurde der Markusplatz evakuiert. 156 Zentimeter erreichte das Hochwasser. 70 Prozent der Altstadt waren überflutet.

© SZ vom 30.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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