Israel:Gefährlicher Boom

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Einer von 250 000. Gemessen an der Einwohnerzahl ist der Anteil von E-Bikern in Tel Aviv weltweit am höchsten. (Foto: Rene Fluger/AP)

Jugendliche sollen nun in Israel einen E-Bike-Führerschein machen und bald womöglich einen Helm tragen müssen. Der Grund ist, dass die Zahl der verunglückten Personen in diesem Jahr im Vergleich zu den Vorjahren massiv anstieg.

Von Alexandra Föderl-Schmid, Tel Aviv

In Israel sind nach Angaben des Verkehrsministers rund 250 0000 E-Bikes unterwegs - das ist angeblich die weltweit höchste Zahl pro Einwohner. Schön für die Fahrradfahrer, nicht immer schön für Autofahrer und Fußgänger: Immer mehr E-Bikes und E-Scooter schlängeln sich mit ihren batteriebetriebenen Rädern durch die Straßen von Tel Aviv und Jerusalem; sie fahren an denen im Stau stehenden Autos vorbei und manchmal auch über die Gehwege, wo aufgeschreckte Passanten zur Seite springen. Vor allem wegen des schwül-warmen Klimas sind E-Bikes in Israel so beliebt.

Bisher gab es nur wenige Regeln, die vorschreiben, wie man sich mit diesen mobilen Untersätzen im Straßenverkehr zu bewegen hat. Doch das soll sich unter dem Eindruck der steigenden Zahl von Verkehrstoten ändern, die mit E-Bikes oder E-Rollern unterwegs waren. In den ersten neun Monaten dieses Jahres verunglückten bereits 18 Menschen auf E-Bikes oder E-Scootern. Das ist ein massiver Anstieg im Vergleich zu den beiden Vorjahren, da waren es jeweils zehn auf das gesamte Jahr gerechnet. Ein Grund dafür ist, dass immer mehr batteriebetriebene Fahrräder und Roller unterwegs sind. Die größeren Geschäfte in Tel Aviv nennen Verkaufszahlen von tausend Stück pro Monat.

Schon jetzt gilt, dass Jugendliche, die jünger als 16 Jahre sind, nicht mit E-Bike oder E-Scooter fahren dürfen. Allerdings wurde diese Vorschrift von der Polizei bisher nur lax gehandhabt, was sich nun ändern soll. Von nun an können Räder von dieser Altersgruppe sogar beschlagnahmt werden. Und Jugendliche zwischen 16 und 18 Jahren müssen künftig eine Art E-Bike-Führerschein machen, einen Kurs mit abschließender Prüfung. Für alle unter 18-Jährigen ist das Tragen eines Helms schon jetzt Pflicht, was aber weitgehend ignoriert wird. Zudem soll wohl ein Vorschlag der Regierung vom Parlament beschlossen werden, der eine Helmpflicht für alle E-Biker vorsieht. Vom Ministerium noch geprüft wird, ob auch Nummerntafeln und das Tragen von Schutzwesten vorgeschrieben werden. Strafen von bis zu umgerechnet 2400 Euro werden fällig für Manipulationen, um mit E-Bikes schneller als 25 Stundenkilometer fahren zu können. Telefonieren und andere Vergehen, wie etwa über eine rote Ampel fahren, sollen stärker geahndet werden, mit bis zu 240 Euro.

Auslöser für die angekündigten Verschärfungen ist ein prominenter Fall, auf den Israels Premierminister Benjamin Netanjahu bei der Ankündigung der Maßnahmen vor ein paar Tagen ausdrücklich verwies. Ende September wurde der 17-jährige Ari Nesher, der gerade auf seinem E-Bike fuhr, getötet. Er ist der Sohn des auch in Hollywood tätigen israelischen Filmregisseurs Avi Nesher. Ein in Israel bekannter Profi-Fußballspieler, Jitzhak Asefa, soll den Unfall mit seinem Auto verursacht haben.

© SZ vom 09.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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