Vorwürfe gegen Kommandanten:Wollte Francesco Schettino im Taxi flüchten?

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Kapitäne von Kreuzfahrtschiffen können ihre Routen frei planen und bestimmen letztlich selbst, wo sie langfahren, sagte der Leiter der Dienststelle für Schiffssicherheit bei der Berufsgenossenschaft für Transport- und Verkehrswirtschaft, Ulrich Schmidt. Die Reederei gebe Start, Ziel und Zwischenstopps vor, "aber wie das Schiff dahinkommt, darin ist der Kapitän frei", erklärte Schmidt weiter.

Vorwürfe gegen Kommandanten: Kapitän Francesco Schettino bei seiner Festnahme am Samstag: Der 52-Jährige gilt als Hauptverantwortlicher für die Havarie des Kreuzfahrtschiffs Costa Concordia.

Kapitän Francesco Schettino bei seiner Festnahme am Samstag: Der 52-Jährige gilt als Hauptverantwortlicher für die Havarie des Kreuzfahrtschiffs Costa Concordia.

(Foto: AP)

Es ist nicht das erste Mal, dass die Costa Concordia den Kurs entlang der Küste Giglios nahm: Italienische Medien zitieren Sergio Ortelli, den Bürgermeister von Giglio, wonach es bereits zu einer Art "Tradition" geworden sei, dass die Costa-Schiffe Touristen und Bewohner mit einem Sirenenton begrüßten. Im vergangenen August habe Ortelli einem anderen Kapitän der Costa Concordia eine Mail geschickt und sich bei ihm für "das einzigartige Spektakel" bedankt. Der Kapitän habe geantwortet, dass er bereits das zweite Mal vor der Insel Giglio mit der Costa Concordia vorgefahren sei und es beide Male ein "atemberaubendes Erlebnis" für die Passagiere gewesen sei.

Schettino selbst steht seit 2002 im Dienst der Costa Crociere. Anfangs war er Sicherheitsbeauftragter, 2006 avancierte er zum Kapitän. Medienberichten zufolge soll er über eine Berufserfahrung von 30 Jahren verfügen. Dies bestätigte auch die Schwester des 52-Jährigen: "Mein Bruder liebt das Meer, er hat immer als Kapitän gearbeitet, er hat viele Jahre Berufserfahrung", sagte sie der Zeitung Il Mattino. Schettino stammt aus Meta di Sorrento in der Nähe von Neapel, einem alten Fischer- und Seefahrerdorf.

Zu den bereits genannten Vorwürfen kommen noch weitere hinzu bezüglich seines Verhaltens als Kapitän: So hatte der britische Telegraph am Wochenende berichtet, dass sich Schettino am Abend des Unglücks an der Bar aufgehalten haben soll. Die Zeitung zitierte eine Passagierin mit den Worten: "Was mich am meisten aufbrachte, war, dass der Kapitän fast den ganzen Abend mit einer hübschen Frau an seiner Seite an der Bar saß."

Später, als er sich an Land geflüchtet hatte, soll er einem unbestätigten Bericht der Zeitung Il Fatto Quotidiano zufolge ein Taxi gerufen haben. "Bringen Sie mich weg von hier", soll er dem Taxifahrer gesagt haben. Der Kapitän habe einen weißen Gala-Dinner-Anzug getragen, heißt es in dem Bericht. Der Fahrer habe den Kapitän mit zu sich nach Hause genommen. Schettino sei benommen, aber nicht in Panik gewesen, erzählte der Taxifahrer weiter. Der Kapitän habe daraufhin mehrere Anrufe der Küstenwache von Livorno erhalten, die ihn aufgefordert habe, an Bord zurückzukehren, der Kommandant aber habe sich geweigert.

Italienischen Medienberichten zufolge soll Schettino am Samstag um fünf Uhr morgens seine 80-jährige Mutter angerufen haben. Er habe gesagt, dass "eine Tragödie passiert" sei. "Ich habe versucht, die Passagiere zu retten", habe Schettino beteuert. Er werde nun für eine Weile nicht anrufen können, sagte er weiter. Aber seine Mutter solle sich keine Sorgen machen.

Mit Material der Agenturen dpa und dapd

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