Mindestens 19 Menschen sind am Mittwoch bei einem Amoklauf auf der Krim ums Leben gekommen, mehr als 50 wurden verletzt. Ein 18-Jähriger hatte am Morgen in einer Berufsschule um sich geschossen und einen mit Metallteilen gespickten Sprengsatz gezündet, erklärte das Staatliche Ermittlungskomitee. Anschließend tötete er sich selbst.
Der Anschlag ereignete sich in einer Schule für technische Berufe in der Hafenstadt Kertsch am östlichen Zipfel der ukrainischen Halbinsel, die seit der Annexion 2014 unter russischer Verwaltung steht. Nachdem zunächst nur eine Gasexplosion gemeldet wurde, stuften die Behörden den Angriff bald darauf als Terroranschlag ein. Seit der Täter auf Fotos als Schüler identifiziert werden konnte, gehen die Ermittler nicht mehr von einem terroristischen Hintergrund aus, sondern ermitteln wegen Mordes.
In Kertsch wurde der Ausnahmezustand verhängt. Auf Videos war zu sehen, wie Sondereinsatzkräfte mit gepanzerten Fahrzeugen anrückten. Das Verkehrsministerium ordnete erhöhte Sicherheitsmaßnahmen für die Krim-Brücke an, die von Kertsch aus die Halbinsel mit dem russischen Festland verbindet. Augenzeugen berichteten von chaotischen Zuständen am Tatort. Die Explosion ließ Fenster zerspringen, Verletzte wurden auf Türen aus dem Gebäude getragen. Weil es nicht genug Krankenwagen gab, wurden sie in Kleinbussen in Krankenhäuser gebracht. Am Abend fanden Sicherheitskräfte in der Schule einen zweiten, nicht explodierten Sprengsatz.
Der 18-jährige Wladislaw R. soll Medienberichten zufolge an der Berufsschule eine Ausbildung zum Elektriker gemacht haben. Er habe in der Kantine einen Rucksack abgestellt, berichtete das Nachrichtenportal RBC unter Berufung auf die Polizei. Demnach hat er erst im September einen Waffenschein bekommen und vor wenigen Tagen 150 Schuss Munition erworben. Mitschüler berichteten, R. habe in der Vergangenheit mit selbstgebastelten Sprengsätzen experimentiert. Die meisten Opfer starben nach vorläufigen Ermittlungsergebnissen durch Schusswunden und nicht durch die Explosion.
Russland fürchtet Unruhe unter den Krimtataren
Das russische Bildungsministerium kündigte an, die Sicherheitsvorkehrungen an Schulen und Berufsschulen zu verschärfen. Bereits jetzt werden Gebäude von Schulen und Hochschulen in Russland von Sicherheitsdiensten bewacht, der Zugang ist nur Berechtigten erlaubt.
Der russische Präsident Wladimir Putin drückte den Opfern und ihren Angehörigen seine Anteilnahme aus. Die Krim-Regierung rief eine dreitägige Trauer aus. Russische Fernsehsender strichen Unterhaltungssendungen vorläufig aus ihrem Programm.
Russland reagiert nervös auf alle Vorfälle auf der Krim. Moskau fürchtet vor allem Unruhe unter den Krimtataren, die loyal zur Ukraine standen. Die Ukraine erhöhte ihrerseits die Sicherheit an den wenigen Übergängen von und zur Krim. Amokläufe an Schulen hat es in Russland bereits gegeben, allerdings noch nie mit so schweren Folgen wie in Kertsch.