Großbritannien:Letzte Chance auf Leben: minus 130 Grad

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Eine 14-jährige Britin weiß, dass sie an Krebs sterben wird. Mit rührenden Worten überzeugt sie einen Richter von ihrem letzten Wunsch - und ihrer Hoffnung auf eine Rückkehr.

Von Christian Zaschke, London

Ihr Name ist nicht bekannt, man weiß aber, dass sie 14 Jahre alt war und ihre Initialen "JS" lauteten, und dass sie nun tiefgefroren ist. JS, ein britisches Mädchen, hatte vor Gericht erstritten, dass es nach seinem Tod eingefroren wird, weil es hoffte, auf diese Weise eines Tages ins Leben zurückzukehren.

Im Oktober ist das Mädchen in London an Krebs gestorben. Nun liegt die Leiche in den USA, aufbewahrt bei Temperaturen von weniger als minus 130 Grad, wie nun auf richterliche Anordnung publik wurde. JS hatte ihre Gedanken zu Papier gebracht: Sie sei erst 14 Jahre alt, schrieb sie, und sie wolle nicht sterben. Aber sie wusste, dass sie sterben würde, und zwar bald. Im Internet las sie über eine Methode namens "Kryonik", eine Form der Kältekonservierung. Diese wird ausschließlich in Russland und in den USA angewendet. Dabei wird der Körper unmittelbar nach dem Tod gekühlt, das Blut wird gegen eine Art Frostschutzmittel ausgetauscht. Schließlich wird der Körper eingefroren. Die Hoffnung: Eines Tages wird die Wissenschaft Verfahren entwickelt haben, den gefrorenen Körper wieder zum Leben zu erwecken.

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Das Ganze kostet rund 43 000 Euro. Die Großeltern des Mädchens haben das Geld aufgebracht. Die Eltern von JS waren in der Frage gespalten. Die beiden sind geschieden. Die Mutter wollte der Tochter den Wunsch erfüllen; der Vater sorgte sich, dass seine Tochter womöglich in 200 oder 300 Jahren wiederbelebt werden könnte und keine Verwandten mehr habe und verloren sei in der neuen Welt. Das Mädchen wandte sich daraufhin ans Gericht. Sie schrieb einen Brief an Richter Peter Jackson: "Ich bin erst 14 Jahre alt, und ich will nicht sterben. Aber ich werde sterben. Ich glaube, eingefroren zu werden, gibt mir die Möglichkeit, geheilt und wieder aufgeweckt zu werden, vielleicht erst in einigen hundert Jahren. Ich will nicht in der Erde begraben werden. Ich will diese Chance haben. Dies ist mein Wunsch."

Einige Hundert Menschen haben sich bereits einfrieren lassen

Richter Jackson besuchte sie. Am 26. September kam der Fall vor Gericht, schließlich gab Jackson dem Wunsch des Mädchens statt. Er sei sehr beeindruckt gewesen von der Klarheit ihres Wunsches, sagte er. Er befand, dass sie sich das gut überlegt habe und erlaubte der Mutter, die letzte Entscheidung zu treffen. Die wiederum erlaubte ihrer Tochter, alle Vorkehrungen zum Einfrieren zu treffen. Auch der Vater unterstützte seine Tochter daraufhin. Nach deren Tod Mitte Oktober traf ein Team rasch alle Vorbereitungen. Sie wurde gekühlt, ihr Blut wurde abgelassen, das Frostschutzmittel wurde eingespritzt. Ihre Eltern sagten, JS starb in Frieden.

Ob die Kältekonservierung tatsächlich eine Chance zum Weiterleben eröffnet, ist allerdings unklar. Fast alle Wissenschaftler glauben, dass es nicht möglich sei, einen toten Körper zum Leben zu erwecken. Dennoch gibt es einige hundert Menschen, die sich einfrieren ließen, weil sie die gleiche Hoffnung hatten wie das Mädchen JS: die Hoffnung auf ein zweites Leben.

© SZ vom 19.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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