Großbritannien:Bombige Idee

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Es ist ein Plan, der viel Zündstoff birgt: "Bee Gees"-Sänger Robin Gibb möchte die Flieger, die Dresden einst zerstörten, mit einem Mahnmal ehren.

Wolfgang Koydl, London

Das knallhart Soziale oder gar Politische war ihr Ding ja nie, und Anstoß erregten sie mit ihrer Musik höchstens, wenn einer ihrer Songs zwei Tänzer in der Disco unabsichtlich nahe rücken ließ. Samtig, sanft und soft säuselten sich die Bee Gees durch die Hitparaden - mittlerweile mehr als 40 Jahre lang und immer wirtschaftlich erfolgreich. Mit 200 Millionen verkauften Platten befinden sie sich im selben stratosphärischen Bereich wie Elvis, die Beatles und Michael Jackson.

Der britische Popsänger Robin Gibb hat einen kontroversen Plan. (Foto: dpa)

Nun aber macht sich Robin Gibb, Sänger und Songwriter, für ein Projekt stark, das zwar die Rückendeckung des politischen Establishments im Vereinigten Königreich genießt, aber dennoch das Potential zu einem Eklat hat: Auf seine alten Tage - Gibb ist sechzig - will er einem Teil der britischen Streitkräfte ein Denk- und Ehrenmal setzen, dessen Handlungen nicht immer unumstritten waren: dem Bomberkommando, das im Zweiten Weltkrieg deutsche Städte wie Dresden und Hamburg in Flammenmeere verwandelte und in Schutt und Asche legte.

"Das ist etwas, was mich wirklich bewegt", vertraute der Musiker unlängst einem Reporter der Times an, der ihn auf seinem 800 Jahre alten Anwesen in Oxfordshire besucht hatte. Gibb wurde im Dezember 1949 als drittes von fünf Kindern auf der Isle of Man geboren, später zog die Familie nach Manchester, 1958 wanderten die Gibbs nach Brisbane, Australien, aus. Heute wohnt Robin Gibb wieder in England. "Ich war noch gar nicht auf der Welt, als diese Kerle das taten, was sie eben taten, aber ich weiß, dass sie für ihr Opfer ein Denkmal verdienen", sagte Gibb. Tatsächlich wurde keine andere Waffengattung im Krieg stärker dezimiert als die Besatzungen der Bomberstaffeln: von 125.000 Freiwilligen, die sich gemeldet hatten, waren 55.000 gefallen - die meisten abgeschossen von deutscher Flak oder deutschen Abfangjägern. Aber die Nation dankte es ihnen nicht: Die Bomber wurden als einzige noch nicht mit einem eigenen Ehrenmal in London geehrt.

Selbst Spürhunde und Brieftauben, die im Zweiten Weltkrieg ihr Leben ließen, erhielten ein Monument an der schicken Park Lane. Frauen wurden ein Jahr später geehrt. Die Briten gelten nicht von ungefähr als tierliebe Nation. Der Grund für die Zurückhaltung gegenüber den Bombern liegt in den Zweifeln, welche das Nachkriegsbritannien über deren Einsätze über Deutschland bedrückten.

Das wahllose Flächenbombardement ausschließlich ziviler Ziele bewegte sich nahe an der Grenze zum Kriegsverbrechen. Wohl deshalb erhielten die Bomber unmittelbar nach Kriegsende als einziger Militärarm keine eigene Tapferkeitsmedaille. Ihr Oberkommandierender, Luftmarschall Arthur Harris, der die Flächenbombardierungen bis zuletzt gegen den Widerstand aus Politik und Militärführung verteidigt und angeordnet hatte, wurde kurz nach Kriegsende aufs Altenteil abgeschoben. Zutiefst verletzt lehnte er eine Erhebung in den Adelsstand ab und zog nach Südafrika, bevor Premierminister Winston Churchill nach seiner Wiederwahl 1953 ihn zur Annahme eines Baronentitels und zur Rückkehr nach Britannien überreden konnte.

Bomber-Harris oder "Harris der Schlächter", wie er auch genannt wurde, spaltete aber weiterhin die Gesellschaft. Erst 1992 wurde ein Denkmal zu seinen Ehren vor der Kirche St. Clement Danes in London aufgestellt, die als Kapelle der Royal Air Force gilt. "Die Nation steht gewaltig in ihrer Schuld", steht auf dem Sockel des Standbildes, das damals von der Königinmutter enthüllt wurde, die sich über Pfiffe und zornige Zwischenrufe aus der Menge höchst verwundert zeigte. Monatelang stand der bronzene Luftmarschall Tag und Nacht unter Polizeischutz, weil das Standbild immer wieder verunziert wurde.

Nun aber steht einem prächtigen Ehrenmal für die Bomberbesatzungen nichts mehr entgegen, vorausgesetzt die dafür notwendigen 3,5 Millionen Pfund werden durch Spenden aufgebracht. Dass es überhaupt so weit kommen konnte, ist im wesentlichen dem Softmusiker Robin Gibb zu verdanken. Vor drei Jahren traf er den damals 83-jährigen Bomber-Veteranen Douglas Radcliffe, der als Generalsekretär der Bomber Command Association einen vergeblichen Kampf für die Ehrenrettung seiner Kameraden geführt hatte.

Was dem alten Herrn misslang, schaffte Gibb anscheinend spielend leicht. Er überwand Widerstände in der Verwaltung des Londoner Stadtbezirkes Westminster und drückte eine Baugenehmigung an der Hyde Park Corner zwischen Buckingham Palace und dem Green Park durch. Das Mahnmal, das im Herbst kommenden Jahres von der Queen enthüllt werden soll, befindet sich in guter Gesellschaft: Hier steht nicht nur ein Denkmal für die im Krieg gefallenen Truppen aus dem Commonwealth. Der mächtige Wellington Arch erinnert an einen früheren Triumph britischer Waffen: Den Sieg über Napoleon bei Waterloo. Aber das wäre ja Abba, nicht die Bee Gees.

© SZ vom 02.09.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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