Franziskus-Interview im "Corriere della Sera":Als der Papst verliebt war

Lesezeit: 2 min

Im Interview mit der Zeitung "Corriere della Sera" spricht Papst Franziskus auch über persönliche Dinge. (Foto: Claudio Peri/dpa)

Fast ein Jahr ist Papst Franziskus jetzt im Amt. In einem großen Interview mit der italienischen Zeitung "Corriere della Sera" will er zwar keine Bilanz ziehen, beantwortet aber sehr persönliche Fragen.

Der einzige Ort, an dem er bereit sei, Bilanz zu ziehen, sei während der Beichte, zu der er alle zwei Wochen gehe. Obwohl sich seine Amtseinführung in der kommenden Woche zum ersten Mal jährt, wehrt sich Papst Franziskus dagegen, zurückzublicken.

Ein bisschen erzählt er aber dann doch, in einem großen Interview mit der italienischen Tageszeitung Corriere della Sera (hier im Original, Radio Vatikan hat Auszüge auf deutsch übersetzt). Seit seinem Amtsantritt hat sich Franziskus das Image erworben, besonders volksnah zu sein und für eine Erneuerung der Kirche zu stehen.

Selbst persönliche Fragen lässt er zu: Er erzählt zum Beispiel, dass er keine Sehnsucht nach seinem Heimatland Argentinien habe. Er würde zwar gerne seine kranke Schwester besuchen, "aber das rechtfertigt nicht eine Reise nach Argentinien: Ich rufe sie an, das reicht". Außerdem erzählt Franziskus von einer Frau, mit der er regelmäßig telefoniere: "Eine Witwe von achtzig Jahren, die ihren Sohn verloren hat. Sie schrieb mir. Und jetzt rufe ich sie einmal im Monat an. Sie ist glücklich. Ich mache den Pfarrer. Das gefällt mir", so der Papst.

Diese Äußerungen passen zum Bild von einem Heiligen Vater, der sich verwahrt gegen zu hohe Erwartungen und gegen jede Form der Idealisierung seiner Person. Ein wie auch immer gearteter "Papst-Franziskus-Mythos" sei ihm zuwider: "Den Papst als eine Art Superman zu zeichnen, eine Art Star, scheint mir beleidigend", sagt Franziskus. "Der Papst ist ein Mensch, der lacht, weint, ruhig schläft und Freunde hat wie alle."

In dem Gespräch mit dem Corriere kommen auch Themen zur Sprache, die in Kirchenkreisen als brisant gelten. So spricht sich der Papst für eine Stärkung der Frauen in der Kirche aus. Das betreffe nicht nur eine stärkere Beteiligung an Entscheidungen, vielmehr müsse man über Weiblichkeit in der Kirche neu nachdenken: "Die Kirche hat den weiblichen Artikel; sie ist von ihren Ursprüngen her weiblich. Die Jungfrau Maria ist wichtiger als jedweder Bischof und jedweder Apostel".

"Eine Woche lang den Kopf verdreht"

Auch zu den Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche äußert sich der Papst und weist Vorwürfe zurück: "Die katholische Kirche ist vielleicht die einzige öffentliche Institution, die sich mit Transparenz und Verantwortung bewegt hat. Und doch ist die Kirche die einzige, die angegriffen wird". Sein Vorgänger Benedikt sei sehr mutig gewesen und habe einen guten Weg eingeschlagen.

Auf die neue Situation der Familie, die eine "sehr ernsthafte Krise" durchmache, müsse die Kirche ebenfalls "eine Antwort geben". "Die jungen Leute heiraten kaum. Es gibt viele getrennte Familien, deren Projekt eines gemeinsamen Lebens gescheitert ist. Die Kinder leiden sehr", so Franziskus. Zwar werde die Ehe prinzipiell zwischen Mann und Frau geschlossen und sei auf Dauer angelegt. Bei den verschiedenen Formen des Zusammenlebens seien aber die einzelnen Fälle zu betrachten und zu beurteilen. Nach einer "tiefen Reflexion" müsse man sich etwa auch den wiederverheirateten Geschiedenen annehmen. Daher habe er die Familie zu einem Thema der jüngsten Kardinalsvollversammlung gemacht.

Am Ende des Interviews wird der Papst dann wieder persönlich. Sehr persönlich. Er gesteht, dass er mit 17 Jahren einmal verliebt gewesen sei: "Als ich im Seminar war, hat mir ein Mädchen eine Woche lang den Kopf verdreht."

Der Interviewer, so ist das im Corriere zu lesen, hat dann noch einmal nachgesetzt und gefragt, wie die Geschichte zu Ende ging, "wenn das nicht zu indiskret ist", wie er sogleich nachschiebt. Franziskus lächelt und sagt: "Das waren Sachen unter jungen Leuten. Darüber spreche ich mit meinem Beichtvater."

© SZ.de/AFP/dpa/olkl - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: