Frankreich: Straßenschlachten in Grenoble:Feuer in den Straßen - und die Antwort des Staates

Lesezeit: 2 min

Nach tödlichen Schüssen der Polizei auf einen Dieb eskaliert in Grenoble die Gewalt: Jugendliche zünden Autos an und schießen auf Sicherheitskräfte. Die schlagen hart zurück.

Michael Kläsgen, Paris

Sein Tod erinnert an das schreckliche Ende zweier Jugendlicher im Herbst 2005 in einem Pariser Vorort. Auch sie waren auf der Flucht vor der Polizei gestorben; und auch nach ihrem Tod war es zu Unruhen gekommen. Am Wochenende schossen nun Jugendliche und Polizisten in Grenoble aufeinander, nachdem Sicherheitskräfte den 27 Jahre alten Karim Boudouda tödlich getroffen hatten.

Brennende Autos, nächtliche Krawalle, Schusswechsel mit der Polizei: In einem Vorort von Grenoble randalieren Jugendliche. (Foto: dpa)

Noch haben die gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Jugendlichen und Polizisten in Grenoble nicht das Ausmaß der landesweiten Krawalle angenommen, die vor knapp fünf Jahren der Tod zweier Jugendlicher in Clichy-sous-Bois auslöste. In der Nacht zum Sonntag nahm die Gewalt in Grenoble zunächst wieder ab. Wieder fielen Schüsse, 15 Autos brannten, in der Nacht zuvor waren es 60 gewesen.

Die Tatsache, dass der französische Innenminister Brice Hortefeux wenige Stunden nach Aufflammen der Gewalt am Samstag zu einem Blitzbesuch nach Grenoble flog, zeigt, wie ernst die Regierung in Paris die Vorkommnisse nimmt. Das war auch an dem großen Konvoi zu erkennen, mit dem Hortefeux anreiste, und das Heer von zusätzlichen Einsatzkräften, mit denen der Innenminister Ruhe in die Stadt nahe der Alpen bringen will. "Mit allen Mitteln" werde die Polizei wieder die öffentliche Ordnung in der Stadt herstellen, "und das sehr schnell", sagte der Minister. Damit ließ er keinen Zweifel an seiner Entschlossenheit, den Aufruhr im Keim zu ersticken.

Strategie der Härte

Am Sonntag schien es so, als ginge die Strategie der Härte auf. Die Polizei hatte bis dahin elf Jugendliche zur Überprüfung der Personalien vorläufig festgenommen. Vorrangiges Ziel der Aktion war es, den noch flüchtigen Kompagnon des erschossenen Boudouda zu finden. Die beiden sollen nach Polizeiangaben das Feuer auf die Beamten eröffnet haben, nachdem sie ein Kasino in der Nähe von Grenoble ausgeraubt hatten und im Auto geflohen waren.

In Villeneuve, einem als problematisch geltenden Vorort der Regionalhauptstadt, stellte eine Polizeistreife die Flüchtenden am Donnerstagabend. Diese eröffneten laut Polizeibericht das Feuer; die Beamten handelten aus Notwehr, sie trafen Boudouda in den Fuß und mit einer tödlichen Kugel in den Kopf. Boudouda war bereits drei Mal wegen bewaffneten Diebstahls verurteilt worden.

In den darauf folgenden Nächten eskalierte die Gewalt in Grenoble. Am Freitagabend trafen sich etwa 40 Jugendliche zunächst noch friedlich, um für Boudouda zu beten. Bald darauf brannte es in Villeneuve. Jugendliche zündeten Autos und Geschäfte an. Sie schlugen mit Stöcken auf eine Straßenbahn und demolierten Bushäuschen. Um halb drei Uhr in der Nacht zog nach Polizeiangaben ein Demonstrant eine Waffe und schoss in Richtung der Sicherheitskräfte. Die Beamten erwiderten das Feuer. In der Nacht zum Sonntag kam es trotz massiven Polizeiaufgebots wieder zu Schusswechseln.

© SZ vom 19.07.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: