Frankreich:Der große Nick

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Gleich zwei sehenswerte Ausstellungen in Paris ehren den jüdischen Autor und Zeichner René Goscinny zu seinem 40. Todestag. Das Leben des Vaters von Asterix, Lucky Luke und "Der kleine Nick" war nicht immer lustig.

Von Martin Zips

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(Foto: Martin Zips)

Die Ausstellung in der Cinémathèque befasst sich vor allem mit dem filmischen Werk Goscinnys.

Abbildungen aus dem Jüdischen Museum: der Großwesir "Isnogud" (1968, gezeichnet von Jean Tabary).

Goscinnys Zeichnungen der Nazi-"Familie Müller" (1943).

"Lucky Luke", der Cowboy, der, wie jeder weiß, schneller als sein eigener Schatten zieht.

Als Kind hatte er "Schneewittchen und die sieben Zwerge" im Kino gesehen. Seitdem träumte er davon, ein "französischer Walt Disney" zu werden. Und selbst, wenn dieser Mann zum Ende seines Lebens nicht unbedingt als Zeichner in Erinnerung blieb: Eine Straße, die zum Disneyland Paris führt, trägt tatsächlich seinen Namen: die Avenue René Goscinny.

Goscinny, geistiger Vater von Asterix, Lucky Luke und dem Antihelden Isnogud sowie Autor der Kinderbuch-Reihe "Der kleine Nick", kam 1926 in Paris als Sohn der aus der Ukraine stammenden Anna Beresniak zur Welt. Sein Großvater betrieb in der französischen Hauptstadt eine kleine Druckerei. Bereits 1927 folgte sein Vater, der aus Polen stammende Chemie-Ingenieur Stanislas Goscinny, dem Ruf der Jewish Colonisation Association nach Buenos Aires, wo René mit seinem Bruder Claude bald die französische Schule besuchte und sich für die Stummfilmkomödien von Laurel und Hardy, Chaplin und Buster Keaton begeisterte. "Wenn ich gute Noten von der Schule nach Hause brachte, belohnte mich mein Vater mit Kino. Und wenn ich mich schlecht benahm, erheiterte er mich mit Kino", erinnerte er sich einmal.

René Goscinny in der Pilote-Redaktion. (Foto: Anne Goscinny. Prêt de l'institut René Goscinny)

In Europa freilich entwickelten sich die Dinge anders: Die in Polen zurückgebliebenen Mitglieder der Familie wurden im Konzentrationslager Auschwitz ermordet, der Großvater starb in Paris. Renés Vater schloss sich in Argentinien 1940 dem Komitee "De Gaulle" an, das den Widerstand gegen Hitler mit organisierte. Der junge René floh in den Humor, zeichnete Comics. Nach dem frühen Tod seines Vaters im Jahr 1943 und der sich daraus ergebenden schwierigen finanziellen Situation entschloss er sich, mit seiner Mutter nach New York zu ziehen. Dort durfte er im Auftrag von Harvey Kurtzman, dem späteren Erfinder des MAD-Magazins, Kinderbücher kolorieren. Auch eine erste Begegnung mit Lucky-Luke-Zeichner Morris fällt in diese Zeit. Nach seiner Rückkehr nach Europa 1951 heuerte Goscinny erst als Illustrator, dann als Texter bei verschiedenen Magazinen an, bei Spirou lernte er Albert Uderzo kennen, mit dem er 1959 den Gallier Asterix erfand. Und mit Morris stellte er von 1955 an Dutzende Lucky-Luke-Bände fertig. Goscinny gründete das Zeichentrickfilm-Studio Idéfix, dachte sich zwischen 1959 und 1964 mit dem französischen Zeichner Sempé die auch heute noch fabelhaften Geschichten des Schuljungen "Der kleine Nick" aus und wurde Chefredakteur des Magazins Pilote. Am 5. November 1977 starb er im Alter von nur 51 Jahren völlig überraschend an einem Herzinfarkt - tragischerweise während eines ärztlichen Belastungstests. Zu seinem 40. Todestag nun wird er in Paris mit zwei sehr sehenswerten, bilder- und videoreichen Ausstellungen im Jüdischen Museum (sehr gut!) und der Cinémathèque française geehrt.

Die Ausstellungen "René Goscinny - Au-delà du rire" im Pariser Musée d'Art et d'Histoire du Judaïsme und "Goscinny et le cinéma" in der Cinémathèque française sind noch bis 4. März 2018 zu sehen.

© SZ vom 27.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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