Flüchtlingsdebatte:Til Schweiger legt nach

Lesezeit: 2 min

Will mit Sigmar Gabriel eine Stiftung gründen: Til Schweiger. (Foto: Jens Kalaene/dpa)

In einer Talkshow äußert sich der Schauspieler zu seinem Flüchtlingsprojekt und kündigt die Gründung einer Stiftung mit Sigmar Gabriel an. Mit dem CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer gerät er aneinander.

Von Peter Burghardt, Hamburg

Wenn Til Schweiger derzeit die Stimme erhebt, dann wird das Publikum auch kurz vor der Geisterstunde noch wach. Seit Wochen setzt sich der Schauspieler und Produzent wie kaum ein anderer prominenter Deutscher öffentlich für Flüchtlinge ein und geigt Rassisten die Meinung. Seine Wortwahl ist dabei oft deutlicher als seine Aussprache. "Verpisst euch von meiner Seite", schrieb er Hetzern auf Facebook und kündigte anschließend den Bau einer Unterkunft für Immigranten an. Diesmal traf seine Wut am späten Dienstagabend im Ersten den unbeholfenen Generalsekretär der CSU, Andreas Scheuer: "Ach, Sie gehen mir auf den Sack, echt."

Die sehr unterschiedlichen Bürger Schweiger und Scheuer waren beide Gäste der Talkshow "Maischberger". Der Politiker saß im Studio geschniegelt in der Runde, der Schauspieler war wegen eines Drehtermins ("Tatort") zugeschaltet und erkennbar in Rage. Als Schweiger im Rahmen seiner Philippika die Entscheidungsträger dazu aufforderte, sich unverblümter zu ausländerfeindlichen Claqueuren zu äußern, und Scheuer behauptete, das tue man bereits, da zürnte Til Schweiger: "Ich werde Sie jetzt beobachten, Herr Generalsekretär, ob Sie sich mal irgendwie gegen den Mob stellen."

"Ich find' das so geil, dieser süffisante Blick, weil Sie mich vorführen wollen."

Scheuer konterte mit der Frage, dass er "als Zeitungsleser" wissen wolle, wann denn Schweiger "als Vorbild in unserer Gesellschaft" mit seinem Flüchtlingsheim "an den Start" gehe. Die Neugier sollte harmlos klingen, war aber offensichtlich vergiftet, denn man weiß ja, dass es mit Schweigers Projekt noch Probleme gibt. Entsprechend begann Schweigers Antwort: "Ich find' das so geil, dieser süffisante Blick, weil Sie mich vorführen wollen."

Tatsächlich war zuletzt ja zu hören, dass es mit der versprochenen Erstaufnahme in Osterode am Harz schwierig werden könne. Ein Bekannter von Til Schweiger hat dort zwar eine ehemalige Kaserne gekauft, das Gelände sollte nun in eine Bleibe für 600 Asylbewerber umgebaut werden. Seine Firma, "Princess of Finkenwerder" aus Stade, würde für den Umbau allerdings viel Geld benötigen - man fragt sich, ob sie das überhaupt auftreiben kann. Obendrein zählte zu den ursprünglichen Partnern der Princess of Finkenwerder ein Leibwächter, dessen Unternehmen auch Söldner in Krisengebiete entsendet.

Niedersachsen will Princess of Finkenwerder mittlerweile nicht mehr als Betreiber, verhandelt jedoch weiterhin über eine mögliche Miete des Areals. Das Bundesland braucht Platz, die Zahl der Zuwanderer hat sich dort auf zuletzt fast 9000 Menschen verdreifacht. Der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius habe bei einem Treffen am Montag "einen sehr leidenschaftlichen Til Schweiger erlebt", berichtet Pistorius' Sprecher. Der Minister wünsche sich auch Nachahmer. Bei "Maischberger" gab der Filmstar nun bekannt, dass Osterode ungeklärt, aber noch ein Thema sei. "Ich möchte das unbedingt." Vorläufig werde er am Freitag seine Stiftung gründen, zum Beirat zählten unter anderem Kollege Jan Josef Liefers, Springer-Vorstand Mathias Döpfner und Vizekanzler Sigmar Gabriel. "Richtig viel Kohle" werde er dafür einsammeln, "ich werde selber viel Geld einzahlen." Man unterstütze dann eine neue Erstaufnahme in Osnabrück, zunächst mit Schreinerei und Wlan, "und das ist erst der Anfang."

Ansonsten schlug der streitbar emotionale Schweiger zum Beispiel vor, Protestierer vor Flüchtlingscamps für eine Nacht ins Gefängnis zu stecken. Es geht schnell durch mit ihm, was mit hasserfüllten Zuschriften zu tun haben könnte: "Herr Schweiger, der Wind hat sich gedreht, jetzt sind wir dran", solche Sätze bekäme er zu hören. Das mit dem "Sie gehen mir auf den Sack" tue ihm leid, sagte er zum Schluss zu Herrn Scheuer, "ich möchte mich entschuldigen."

© SZ vom 20.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: