Fall Kalinka:Nach Frankreich entführter Stiefvater scheitert mit Klage

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Die 14-jährige Kalinka, eine Französin polnischer Abstammung, wurde 1982 im Haus ihrer Mutter und ihres Stiefvaters tot aufgefunden. (Foto: dpa)
  • Der Stiefvater der 1982 getöteten Kalinka kommt nicht frei.
  • Das hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg entschieden.
  • Der Mann war in Deutschland aus Mangel an Beweisen freigesprochen, nach seiner Entführung nach Frankreich aber dort zu 15 Jahren Haft verurteilt worden. Dagegen hatte er geklagt - erfolglos, wie sich nun zeigt.

Im deutsch-französischen Justizkrimi um den Tod der 14-jährigen Kalinka im Jahr 1982 hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte seine Entscheidung verkündet. Der Deutsche Dieter Krombach kommt nicht aus dem Gefängnis frei, er ist mit seiner Klage gescheitert. Er hatte vorgebracht, unrechtmäßig zweimal in der gleichen Sache vor Gericht gestellt worden zu sein. Die Richter erklärten, diese Regelung gelte nur für Verurteilungen in einem Staat. In einem anderen Land könne es durchaus zwei gegensätzliche Urteile geben.

Der Fall ist komplex: Das aus Frankreich stammende Mädchen war damals tot im Haus seines Stiefvaters Dieter Krombach in Lindau am Bodensee gefunden worden. Die deutsche Justiz nahm sich des Falls an, stellte das Verfahren gegen den Arzt aber nach einiger Zeit ein, weil es an Beweisen mangelte. In den folgenden Jahren stellte sich heraus, dass die Ermittler geschlampt hatten. Die Autopsie fand erst 60 Stunden nach dem Tod des Kindes statt, der Möglichkeit eines Sexualverbrechens ging die Polizei nicht nach.

Der leibliche Vater des Mädchens, André Bamberski, ist von der Schuld des Stiefvaters überzeugt. Er kämpfte lange auf legalem Weg für eine Wiederaufnahme der Ermittlungen, im Jahr 2009 ließ er Krombach dann nach Frankreich entführen. 2012 verurteilte ein Geschworenengericht Krombach wegen vorsätzlicher Körperverletzung mit Todesfolge zu 15 Jahren Haft. Die französische Justiz sah es als erwiesen an, dass der Stiefvater das Mädchen sexuell missbrauchen wollte und ihr deshalb ein Beruhigungsmittel sowie eine tödliche Spritze gab.

Krombach bestreitet die Tat bis heute. Er sagt, er habe seiner Stieftochter lediglich ein Eisenpräparat gespritzt, weil sie an Anämie gelitten habe. In der Verhandlung befragte Mediziner bezweifelten sowohl die Diagnose als auch die Behandlungsmethode. In den Jahren nach der Tat war außerdem herausgekommen, dass der Arzt mindestens ein anderes junges Mädchen unter Narkose gesetzt und vergewaltigt hatte.

© SZ.de/dpa/AFP/feko - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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