Die Montagsfrage:Wann hat der Höhenrausch ein Ende?

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Wann hat der Höhenrausch ein Ende? Reinhold Messner, Hans Kollhoff und Philipp Oswalt über Rekord-Wolkenkratzer

Heute wird in Dubai das höchste Gebäude der Welt eröffnet, der Burj Khalifa misst 820 Meter und ist damit über 300 Meter höher als das "Taipei 101" in Taiwan, welches bisher auf Platz 1 rangierte. Ist die Rekordjagd damit beendet oder wird sie ewig weitergehen? Was treibt Städteplaner und Bauherren in die Höhe? Sind die Rekordbauten ein Wunder der Technik oder nur noch sinnlose Prestige-Objekte?

"Wenn das Geld da ist werden die Architekten und die Ingenieure versuchen, höher und höher zu bauen - das ist die menschliche Hybris", vermutet Reinhold Messner. Vorausschauend fügt der erfahrene Bergsteiger allerdings hinzu: "Der Mensch wird sich verheben, wenn er glaubt, er könnte die 8000er nachbauen."

Nach Ansicht von Philipp Oswalt, Direktor der Stiftung Bauhaus Dessau, dürfte die Jagd nach Rekorden vorerst beendet sein: "Wenn man in die Geschichte zurückblickt wird man sagen, dass es erst mal vorbei ist für die nächsten Jahre. Wir hatten den Höhepunkt 1929 mit dem Empire State Building - dann folgte der Börsencrash und es dauerte Jahrzehnte, bis das wieder überschritten wurde. Dann kam der Sears Tower in Chicago 1974 als Höhen-Maximum und mit der Ölkrise war dann auch erst mal Schluss. Jetzt haben wir die Finanzmarktkrise und man kann davon ausgehen, dass es einige Zeit dauern wird, bis wieder an diesem Limit gekratzt wird, was jetzt gesetzt worden ist."

In Bezug auf die Statik erläutert Architekt Hans Kollhoff: "Es ist eine Frage des Verhältnisses zwischen Fußabdruck und Höhe: Wenn Sie den Fußabdruck groß genug machen, dann können Sie geradezu unendlich in die Höhe gehen."

Doch was den Sinn und Zweck der Rekordbauten betrifft, sind die Antworten in der Montagsfrage eher ernüchternd. Philipp Oswalt sieht sie als "Machtsymbol und nicht besonders funktional oder sinnvoll", für Reinhold Messner sind es lediglich "Prestige-Objekte".

"Prestige ist schon viel zu nobel" meint dagegen Hans Kollhoff. "Es geht um das alte männliche Problem: Wer hat den längsten - so infantil ist es. Deswegen sehen die Häuser ja auch so aus, die haben sich ja längst von architektonischen Prinzipien verabschiedet."

Trotzdem sei er selbst ein Fan der Höhe. "Aber mir geht es nicht in erster Linie um die Höhe selbst, sondern um die Proportion. Ein großes Haus zu machen, das elegant ist, das reizt mich schon", so der Architekt, der in Berlin u.a. den Kollhoff-Tower am Potsdamer Platz errichtete.

Für den Betrachter und Besucher spielen die immer neuen Höhenrekorde offenbar kaum noch eine Rolle: "Ob Sie jetzt 400 oder 600 Meter über dem Erdboden schweben, ich glaube das macht in der Wahrnehmung keinen Unterschied mehr. Das ist dann nur noch was fürs Guinnessbuch der Rekorde" kommentiert Phillip Oswalt. Und Reinhold Messner ergänzt: "Ich kann die Höhe natürlich erfahren, wenn ich außen hochklettere oder wenn ich mich von oben runterseile, aber ich kann sie nicht erfahren, wenn ich innen mit dem Aufzug hochfahre, und von oben runterschaue - ob ich 500 Meter runterschaue oder 1000 Meter, das ist kein großer Unterschied."

Die Montagsfrage wird präsentiert von www.planet-interview.de

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