Darmstadt:Kinderporno-Prozess geplatzt

Wegen der Befangenheit einer Schöffin wird der Mammutprozess gegen einen mutmaßlichen Kinderporno-Ring neu aufgerollt. Die Laienrichterin hatte auf die Beschwerde eines Angeklagten wegen der Veröffentlichung seines Fotos gereizt reagiert.

Der bisher wohl größte Kinderpornografie-Prozess in Deutschland ist geplatzt. Das Landgericht in Darmstadt erklärte den Befangenheitsantrag eines Verteidigers gegen eine Schöffin für begründet. Das Verfahren soll mit einem anderen Schöffen in zwei Wochen neu aufgerollt werden.

Ein Angeklagter versteckt sich im Gerichtssaal hinter einer Zeitung. Einer der neun Angeklagten hatte mit seinem Befangenheitsantrag gegen eine Schöffin Erfolg. (Foto: Reuters)

In Darmstadt stehen neun mutmaßliche Mitglieder eines Kinderpornografie-Rings vor Gericht. Die Männer im Alter zwischen 30 und 58 Jahren sollen von 2006 bis 2009 in abgeschotteten Chatrooms kinderpornografische Bilder und Videos verbreitet haben.

Der Verteidiger des 44-jährigen Roger H. aus Mönchengladbach hatte Äußerungen einer Schöffin moniert. Weil die Bild-Zeitung zum Prozessauftakt nicht unkenntlich gemachte Fotos aller Angeklagten abgedruckt hatte, sei sein Mandant im Gefängnis Repressalien ausgesetzt, erklärte der Anwalt den Richtern.

"Wo sind wir denn?", fragte daraufhin die Schöffin. Sie fuhr fort: "In einem Pädophilenprozess. Die haben Straftaten begangen." Der Anwalt zweifelte danach an der Unvoreingenommenheit der Frau.

Der Vorsitzende Richter Jens Aßling gab ihm nun ohne weitere Begründung recht und setzte den Neubeginn des Verfahrens für den 30. September an.

Die Angeklagten kommen aus allen Teilen Deutschlands, zwei von ihnen wird auch mehrfacher Kindesmissbrauch angelastet. Einer der beiden, ein 57-Jähriger aus Wald-Michelbach im Odenwald, hat die ihm vorgeworfenen Missbrauchstaten bereits gestanden. Auch alle anderen Angeklagten hatten Geständnisse angekündigt oder sich bereits eingelassen. In dem ursprünglich bis Weihnachten angesetzten Verfahren waren mehr als 20 Fortsetzungstermine angekündigt.

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