Chile vor der Rettungsaktion:Die ganze Welt wünscht "suerte"

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Die heiße Phase hat begonnen: Die ersten verschütteten chilenischen Bergleute sollen in der Nacht zu Mittwoch befreit werden. Weltweit fiebern Millionen mit - von China bis zum Bayerischen Wald.

Die letzte Phase der Rettung der verschütteten Kumpel in Chile hat noch früher als angekündigt begonnen: Der Beginn der Bergungsaktion wurde um mehrere Stunden vorverlegt. Der erste Sanitäter der Polizei werde voraussichtlich schon am Dienstag um 20 Uhr Ortszeit zu den 33 Eingeschlossenen heruntergelassen, teilte die Regierung mit. In Deutschland ist es dann ein Uhr nachts.

Auf einer chilenischen Nationalflagge im Camp "Esperanza" steht auf Spanisch "Kraft den 33 Kumpeln! Wir warten auf euch!". Weltweit fiebern Millionen Menschen mit . (Foto: dpa)

Es handele sich aber immer noch um eine Schätzung, da der Startschuss für die spektakuläre Aktion davon abhänge, ob der Beton des Fundaments für einen Kran ausreichend ausgehärtet sei. Der Kran soll die 33 Kumpel aus mehr als 600 Metern Tiefe in einer Stahlkapsel einzeln an die Oberfläche ziehen, sagte der Ingenieur René Aguilar. Für die Rettung eines jeden Bergmanns würden etwa 55 Minuten veranschlagt.

Die Rettungskapsel "Fénix" (Phönix) brauche etwa 20 Minuten, um nach unten gelassen zu werden. Dann würden etwa 20 Minuten für das Einsteigen erwartet und weitere 15 Minuten für das Hochziehen.

In der Außenwelt sind die 33 verschütteten Kumpel längst Helden. Millionen Menschen weltweit hoffen und fiebern mit ihnen mit. "Mucha suerte!" (viel Glück) ist auf Karten zu lesen, in Leserbriefen, Blog-Einträgen, Web-Kommentaren.

Kürzlich kam im Lager Esperanza eine Karte aus dem Bayrischen Wald an. Eine Regina aus Rinchnach schrieb: "Ich lese jeden Tag die Zeitung und verfolge die Nachrichten im Fernsehen und drücke Ihnen ganz doll die Daumen, dass Sie gesund wieder zu ihren Familien können."

Das Interesse der Medien weltweit ist entsprechend groß, etwa 1600 Journalisten sind schon an der Mine eingetroffen, noch immer kommen neue hinzu.

In Südamerika werden die Schlagzeilen seit Wochen von dem Thema bestimmt. Sonderseiten mit großen Grafiken sind der Rettungsaktion gewidmet. Fernsehsender berichten teils live von der Mine, das Internet ist voll von Videoaufnahmen, Bildern und Blogs mit guten Wünschen für die Bergleute und deren Familien.

Im größten südamerikanischen Land Brasilien rangierte das mitunter als "Wunder in der San-José-Mine" titulierte Geschehnis oft direkt hinter dem absoluten Topthema Präsidenten-Wahlkampf.

Auch in anderen Ländern mit vielen Bergwerken ist die Anteilnahme groß. In Russland etwa haben sich in den vergangenen Jahren immer wieder schwere Grubenunglücke ereignet, erst im Mai starben bei zwei Methangas-Explosionen im größten Kohlebergwerk des Landes fast 100 Menschen. Im Staatsfernsehen diskutierten Experten in den vergangenen Wochen die Situation der Eingeschlossenen, auch russische Zeitungen druckten Grafiken mit der Situation am Ort. Im Internet zeigen die Diskussionen unter den Beiträgen zum Geschehen, dass viele Russen großen Anteil nehmen.

Chile: Rettung der Bergarbeiter
:Stars unter und über Tage

69 Tage waren die 33 Minenarbeiter in Chile in über 600 Metern Tiefe verschüttet. Unter Tage sind manche Kumpel zu kleinen Berühmtheiten geworden: Die Helden von San José in Bildern

Auch in China wird über das Geschehen ausführlich berichtet. Die Rettungsarbeiten werden mit großem Lob bedacht. Vergleiche zu Grubenunglücken und Bergungsaktionen im eigenen Land werden allerdings nicht gezogen, Kritik an der hohen Zahl solcher Unglücke in China sucht man vergeblich - in dem Land sterben, gemessen an der Fördermenge, mehr Bergarbeiter als in irgendeinem anderen Land der Erde. Tausende kommen jedes Jahr ums Leben, viele Todesfälle werden vertuscht.

Stets live die jüngsten Entwicklungen kommentierend, zittert auch die globale Internet-Community in den letzten Stunden vor der erhofften Rettung mit den eingeschlossenen Arbeitern mit. Über den Kurzmitteilungsdienst Twitter werden Nachrichten ausgetauscht, Wünsche und Gebete übermittelt. Pablo, Sohn eines eingeschlossenen Bergarbeiters, freut sich schon: "Endlich werde ich meinen Papa wiedersehen!"

In einer Chile-Gruppe des Sozialen Netzwerks Facebook fiebern Nutzer aus ganz Lateinamerika mit. Der Mexikaner Sergio Alejandro Serrano Gómez hofft, "dass jeder gut herauskommen möge". Jeder in Mexiko verfolge gespannt, was "mit unseren chilenischen Brüdern" geschehe. Gloria Daroch Araya rühmt Ausdauer und Einsatz für die Eingeschlossenen als ein Vorbild für die ganze Welt.

Die nach dem Schutzheiligen der Bergleute genannte Operation "San Lorenzo" wird zum weltweiten Fernsehereignis. Auch etliche deutsche Sender sind mit eigenen Kamerateams und Reportern am Einsatzort vertreten und wollen live von der Bergung berichten, die in der Nacht zu Mittwoch deutscher Zeit beginnen soll.

© dpa/dpd/Reuters/AFP/kat - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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