Der 19. September ist ein Datum, das vor allem die älteren Einwohner Mexikos mit Furcht zurückblicken lässt. 1985 kamen an diesem Tag bei einem Erdstoß mindestens 10 000 Menschen ums Leben, viele von ihnen in Mexiko-Stadt. Jetzt, auf den Tag genau 32 Jahre später, wurde die Metropole erneut von einem heftigen Erdbeben heimgesucht.
Die mexikanischen Behörden melden mehr als 220 Tote in der Hauptstadt und den angrenzenden Bundesstaaten Morelos und Puebla. Das Zentrum des Bebens mit der Stärke 7,1 lag etwa 130 Kilometer südöstlich von Mexiko-Stadt.
In verschiedenen Vierteln der Millionenmetropole stürzten dutzende Gebäude ein. Unter den Trümmern der Grundschule "Enrique Rebsamen" im Süden von Mexiko-Stadt starben nach offiziellen Angaben 32 Kinder und fünf Erwachsene. Hunderte Soldaten und Mitglieder des Zivilschutzes versuchen, Überlebende zu bergen. Den Rettungskräften zufolge sind noch Stimmen aus den Trümmern zu vernehmen.
Zahlreiche Häuser in den Innenstadtvierteln Roma, Condesa und Colonia del Valle mussten nach dem Beben wegen Einsturzgefahr evakuiert werden. Nach dem heftigen Erdstoß liefen Menschen in Panik auf die Straßen, das Telefonnetz brach vorübergehend zusammen, ebenso die Stromversorgung. Auf Videos, die einige Hauptstadtbewohner im Netz posteten, sind große Apartmenthäuser zu sehen, die schwanken, als wären sie aus Gummi. Fenster zerbersten mit lautem Knall, das Glas prasselt auf die Gehwege. Fassadenteile halten der Erschütterung nicht stand und stürzen herab, tauchen alles in eine riesige Staubwolke. Andernorts bewegen sich Straßen in Wellen, hier und da tut sich die Erde auf.
"Ich habe zu Gott gebetet"
"Mein ganzer Block ist eingestürzt. Es gab eine enorme Staubwolke und ein grauenhaftes Donnern", erzählt eine Anwohnerin der spanischen Zeitung El País. Eine andere Frau berichtet der mexikanischen Zeitung El Universal: "Unser Haus hat geschwankt wie ein Baum im Wind. Ich habe zu Gott gebetet. Ich dachte, jetzt geht es zu Ende."
Der mexikanische Präsident Enrique Peña Nieto forderte die Bevölkerung in einer Videobotschaft auf, zu Hause zu bleiben. "Sofern die Häuser sicher sind, ist es wichtig, dass die Bevölkerung drinnen bleibt, um die Straßen für Krankenwagen frei zu halten und die Arbeit der Rettungshelfer zu erleichtern", sagte er am Dienstag.
Wo Gebäude eingestürzt sind, wühlen vielerorts Helfer in den Trümmern, auf der Suche nach Verschütteten. "Nicht rauchen! Gehen Sie auf Abstand! Es könnte eine Gasexplosion geben", sind Warnungen, die Herumstehende immer wieder zu hören bekommen. Die Mehrzahl der Haushalte in Mexiko-Stadt kocht mit Propangas. Die Gefahr von Explosionen ist bei einem Erdbeben deshalb besonders hoch.
Die Eindrücke, die aus dem Inneren der Häuser in den sozialen Netzwerken herumgereicht werden, sind nicht minder furchteinflößend. Als wären die Szenen auf einem Boot gefilmt - bei starkem Seegang unter Deck: Lampen schaukeln wie wild, Bilder werden von den Wänden geschleudert, Gläser fliegen aus den Wandschränken und die anwesenden Menschen klammern sich an die schwankenden Wände.