Buschbrände in Australien:"Diese Leute sollten die Leichen bergen"

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Während immer noch verheerende Buschbrände wüten, macht sich in Australien Zorn über die Brandstifter breit. In der Nacht wurden offenbar erneut mutwillig Feuer gelegt.

Neue Fälle von Brandstiftung erschweren den Kampf gegen die verheerenden Buschfeuer in Australien. Der Premierminister des Bundesstaates Victoria, John Brumby, sagte, es gebe "kaum Zweifel", dass über Nacht neue Brände gelegt worden seien. Der australische TV-Sender ABC berichtete von zwei Fällen, in denen die Feuerwehr allerdings rechtzeitig vor Ort gewesen sei.

Die Buschbrände im Südosten Australiens sind die verheerendsten Flächenbrände in der Geschichte des Landes. (Foto: Foto: dpa)

Nach Polizeiangaben sind in den betroffenen Gebieten außerdem zunehmend Plünderer aktiv. Tausende Feuerwehrleute waren am Mittwoch weiter im Einsatz, um im Südosten des Landes gegen insgesamt 23 Brandherde zu kämpfen.

Bei den Feuern kamen amtlichen Angaben zufolge bislang mindestens 181 Menschen ums Leben - doppelt so viele wie bei den bisher schwersten Buschfeuern in Australien 1983. Nach Angaben des australischen Regierungschefs Kevin Rudd wurden mindestens 500 Menschen durch die Flammen verletzt und fast 1000 Häuser zerstört. 5000 Menschen wurden obdachlos. Eine Fläche von 365.000 Hektar fiel den Flammen zum Opfer, deutlich mehr als die Fläche des Saarlandes. Nach wie vor lodern nördlich von Melbourne, der Hauptstadt Victorias, sowie in den Staaten New South Wales und South Australia noch Feuer.

Vorwürfe gegen die Behörden

Angesichts weiter steigender Opferzahlen haben australische Behörden Vorwürfe zurückgewiesen, nicht rechtzeitig und angemessen auf die verheerenden Buschfeuer im Südosten des Landes reagiert zu haben. Man habe die Bevölkerung bereits am vergangenen Freitag gewarnt, sagte Brumby.

Alle hätten bereits am vergangenen Freitag vor den Feuern gewarnt, auch er selbst, sagte Brumby. Aber Fakt sei, "dass man nicht für die Evakuierung eines Gebietes mit einer halben Million Menschen sorgen kann". Auch der Feuerwehrchef des Bundesstaates Victoria, Russell Reese, verteidigte die Informationspolitik: "Wir haben gesagt, dass die Feuer ohne Vorwarnungen und sehr schnell kommen können und dass man vielleicht keine Warnungen erhalten wird und kein Feuerwehrwagen in der Einfahrt stehen wird."

Die Behörden hatten die Bevölkerung aufgefordert, rechtzeitig zu flüchten. Allerdings stellten die Richtlinien zur Evakuierung es den Betroffenen frei, ob sie der Aufforderung zum Verlassen ihrer Häuser Folge leisten. Viele der Todesopfer waren in ihren Autos verbrannt, weil sie die Flucht vor dem Feuer nicht rechtzeitig angetreten hatten.

Jeder fünfte Einwohner getötet

Auch am Mittwoch versuchten Menschen nördlich von Melbourne noch, ihre Häuser vor den Flammen zu schützen. Nach den Erfahrungen der letzten Tage in den Ortschaften Kinglake und Marysville würden die meisten aber eher die Flucht antreten, sagte ein Bewohner von Healesville dem australischen ABC-Radio. "Niemand möchte wirklich bleiben und sich dem stellen." In Marysville hatte ein Feuer fast jedes Haus zerstört. Die Behörden vermuten, dass jeder fünfte der etwa 500 Einwohner ums Leben kam.

Bisher zerstörten die Brände nach Schätzungen der Behörden insgesamt mindestens 900 Häuser und 350.000 Hektar Wald- und Buschland. Die Behörden gehen davon aus, dass die Brände noch eine Woche andauern werden.

Brandstifter werden selten gefasst

Unterdessen sucht die Polizei mit einer mehr als hundertköpfigen Spezialeinheit nach mutmaßlichen Brandstiftern. Allein in Victoria sind 100 Ermittler im Einsatz. Allerdings würden die Schuldigen nur selten gefasst, sagte der Kriminologe Damon Muller. Brandstiftung sei leicht zu begehen, häufig gebe es kein ersichtliches Motiv; Langeweile und die Sucht nach Aufmerksamkeit stecke hinter vielen der Taten.

Auf Seite 2: Wie die Brände in Australien eine Welle der Hilfsbereitschaft auslösten

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Schockierende Bilder von den Bränden

Nach Überzeugung der Ermittler ist mindestens ein Feuer mit 20 Toten in dem Ort Gippsland östlich von Melbourne absichtlich gelegt worden. Die Spezialeinheit mit dem Namen "Phoenix" soll nun alle durch die Brände verursachten Todesfälle untersuchen. Brandstifter könnten wegen Mordes angeklagt werden. Die Polizeichefin des am schwersten betroffenen Bundesstaats Victoria, Christine Nixon, zeigte sich zuversichtlich, die Urheber der Brände zu finden.

"Sie verdienen ein Leben im Gefängnis"

In den betroffenen Orten machte sich Zorn über die Brandstifter breit. "Diese Leute sollten Leichen aus Autos bergen", sagte Daryl Paine, dessen Haus in Gippsland abgebrannt war. Di Matthews, deren Tochter ihre Zuhause verlor, forderte lebenslange Strafen: "Sie haben so vielen Menschen so viel Leid angetan, sie verdienen ein Leben im Gefängnis."

Die Bilder der verheerenden Zerstörungen lösten in Australien eine Welle der Hilfsbereitschaft aus. Nach Angaben von Wohltätigkeitsorganisationen spendeten die Australier bis zum Dienstag umgerechnet bereits 15,4 Millionen Euro für die Betroffenen in den Katastrophengebieten. "Es läuft unglaublich gut, es ist wunderbar", sagte eine Vertreterin des Roten Kreuzes. Mehr als 20.000 Menschen erklärten sich demnach zum Blutspenden bereit.

US-Präsident Barack Obama bot der Regierung in Sydney die Hilfe der USA im Kampf gegen die Buschfeuer an. Dem Sender Sky News zufolge waren 30 US-Feuerwehrleute auf dem Weg nach Australien, um ihren Kollegen im Bundesstaat Victoria zur Hilfe zu kommen.

Die australischen Buschfeuer gehören zu den folgenschwersten Flächenbränden weltweit. Bislang wurden nur zwei verheerendere Waldbrände bekannt: 1871 starben im US-Bundesstaat Wisconsin Schätzungen zufolge 800 bis 1200 Menschen bei einem Feuer auf 5000 Quadratkilometern Fläche. Vor gut 20 Jahren, im Mai 1987, waren in China fast 200 Tote zu beklagen, nachdem in der Provinz Heilongjiang eine Fläche von 10.000 Quadratkilometern niederbrannte.

© sueddeutsche.de/dpa/AFP/jkr/hai - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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