Bundespräsident prüft Ehrung:Tuğçe "wird immer ein Vorbild bleiben"

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1500 Menschen trauerten am Freitag vor dem Krankenhaus in Offenbach, in dem Tuğçe A. starb. (Foto: dpa)
  • Nach dem tragischen Tod von Tuğçe A.haben Ärzte der Studentin mehrere Organe entnommen. Sie hatte einen Organspendeausweis.
  • Nach einem Bericht der Bild-Zeitung zeigen Überwachungsaufnahmen, wie ein Begleiter den mutmaßlichen Täter zurückzuhalten versucht.
  • Bundespräsident Joachim Gauck will prüfen lassen, ob die 23-jährige Lehramtsstudentin posthum den Bundesverdienstorden erhalten kann.

Tuğçe A. spendet Organe

Auch nach ihrem Tod rettet Tuğçe A. Leben: Ärzte haben der Studentin mehrere Organe entnommen. Informationen der Nachrichtenagentur dpa zufolge kamen am Freitagabend drei Ärzte-Teams ins Klinikum Offenbach. Zuvor hatten die Eltern von Tuğçe A. angekündigt, die lebenserhaltenden Maschinen abzuschalten, dies geschah in der Nacht zum Samstag. Tuğçe A., die den Folgen einer Prügelattacke erlag, besaß einen Organspendeausweis. Deshalb habe die Familie einer Entnahme für Transplantationen zugestimmt, hieß es. Am Freitagabend hatten sich rund 1500 Menschen in einer Mahnwache vor dem Krankenhaus von der jungen Frau verabschiedet.

Begleiter wollte einschreiten

Es gibt offenbar neue Erkenntnisse, wie der Angriff auf Tuğçe A. verlaufen ist. Einem Bericht der Bild-Zeitung zufolge zeigen die Aufnahmen einer Überwachungskamera vom Parkplatz der Offenbacher McDonald's-Filiale, wie ein Begleiter den mutmaßlichen Täter zurückhalten wollte. Der 18-Jährige soll nach der ersten Konfrontation mit Tuğçe A. zunächst in ein Auto gestiegen sein, dieses aber schnell wieder verlassen haben. Ein Begleiter hätte ihn mehrfach versucht zu stoppen, habe ihn geschubst und sich schließlich zwischen ihn und Tuğçe A. gestellt.

Trotzdem sei es dem Täter gelungen, auf die 23-Jährige einzuschlagen. Laut Bild ist die Aufzeichnung an dieser Stelle jedoch dunkel und pixelig. Es sei aber deutlich erkennbar, dass die junge Frau daraufhin mit dem Kopf auf dem Asphalt aufschlägt.

Bundespräsident spricht Eltern Beileid aus

Bundespräsident Joachim Gauck will nun prüfen lassen, ob Tuğçe A. posthum mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet werden kann. Das teilte Gauck der Internetplattform "change.org" mit. Diese hatte eine entsprechende Online-Petition ins Leben gerufen und mehr als 100 000 Unterschriften gesammelt. Der Bundespräsident werde den Wunsch prüfen, Tuğçe A. mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland zu würdigen, schrieb Gauck an "change.org". Diese Prüfung entspricht dem üblichen Verfahren.

In einem Beileidsschreiben an die Familie betont Gauck, die junge Frau habe "unser aller Dankbarkeit und Respekt verdient". Sie werde immer ein Vorbild bleiben. "Wo andere Menschen wegschauten, hat Tuğçe in beispielhafter Weise Mut und Zivilcourage bewiesen." Weiter heißt es in dem Kondolenzschreiben nach Angaben des Präsidialamts: "Ich bin wie ungezählte Bürgerinnen und Bürger entsetzt und erschüttert über diese schreckliche Tat. Unser ganzes Land trauert mit Ihnen."

Hintergründe der Tat

Tuğçe A. war vor knapp zwei Wochen vor einem Schnellrestaurant im hessischen Offenbach zu Boden geschlagen worden und hatte dabei lebensgefährliche Kopfverletzungen erlitten. Sie soll nach bisherigen Erkenntnissen zuvor versucht haben, zwei Mädchen vor Belästigungen durch Männer zu schützen - von den Jugendlichen allerdings fehlt bisher jede Spur. Vor wenigen Tagen wurde sie für hirntot erklärt.

Die lebenserhaltenden Geräte wurden am Freitagabend abgeschaltet. Für die Tat verantwortlich gemacht wird ein 18-Jähriger, der auch an den Belästigungen der Mädchen beteiligt gewesen sein soll. Der junge Mann sitzt in Untersuchungshaft, ihm wird Körperverletzung mit Todesfolge vorgeworfen.

© SZ.de/AFP/dpa/mest - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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